Die Alpine A110 S ist für das Spaßfahren auf der Rennstrecke gedacht und da freut sich der Pilot um jedes Gramm Anpressdruck. Doch ohne passende Dämpfer und Federn verpuffen diese Maßnahmen. Das wissen auch die Alpine-Ingenieure und haben dem Sportler ein verbessertes Fahrwerk verpasst: Die Stabilisatoren sind um 100 Prozent steifer als bei der Basis-Alpine, die Federraten sind um 50 Prozent gestiegen, dazu kommen hydraulische Anschläge oben an den Federbeinen und die Räder haben mehr Sturz. Dass die 18 Zoll-Pneus mit 215 Millimeter vorne und 245 Millimeter hinten um jeweils zehn Millimeter breiter sind als bei der Basis-Alpine, ist dann nur eine logische Konsequenz. Für die Rennstrecke eignen sich die eigens entwickelten Semi-Slicks. Die Gewichtsverteilung von 56 Prozent hinten zu 44 Prozent vorne haben die Techniker schlauerweise nicht angerührt.
Straffes Fahrwerk
Denn die Alpine A110 S läuft auf kurvigen Strecken zur Höchstform auf und liegt wie ein perfekt austariertes Messer in der Hand des Fahrers. Anbremsen, einlenken, Scheitel anvisieren und rauf aufs Gas. Der Agilitätsdreiklang geht auch mit dem auftrainierten Franzosen lässig von der Hand. Kein mürrisches Zucken der Vorderachse und kein nervöses Heck beeinträchtigen die Slalomambitionen des Piloten. Es ist beeindruckend, wie neutral der Mittelmotorsportler um die Ecken carvt. Vor allem in schnellen Kurven macht sich der Leichtbau des Alpine A110 S bemerkbar, der lediglich 1.109 Kilogramm wiegt. Zum Vergleich: Der Porsche Cayman bringt es mit PDK auf 1.365 Kilogramm. Die präzise mitteilungsfreudige Lenkung ist eine weitere Konstante in der Agilitätsgleichung der Alpine. Der 1.8-Liter-Vierzylinder-Turbomotor im Rücken des Fahrers sorgt dafür, dass die Rechnung auch aufgeht. Nach 4,2 Sekunden sind 100 km/h erreicht und weiter geht es bis 275 km/h (mit dem Aeropaket, sonst sind es 260 km/h). Vor allem akustisch legt sich das Triebwerk mächtig ins Zeug. Das sonore Hecheln der vier Töpfe wird vom singenden Turbolader untermalt, während das kraftvoll pustende Bypassventil den Takt angibt.
Allerdings gönnt sich das aufgeladene Triebwerk im Zusammenspiel mit dem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe im Normal-Fahrmodus eine kurze Atempause, ehe es zur Sache geht. Geschmeidiger geht es in "Sport" voran und schießt das Aggregat beim Runterschalten bellende Zwischengas-Salven ab, die manchen Passanten dazu verleiten, den Hals zu recken. Drückt man den Fahrerlebnisknopf am Lenkrad länger, schaltet der Track-Modus alle Vitamine frei. Geschalten wird per Wippe und das ESP lässt dem Heck mehr Freiraum, wacht aber stets im Hintergrund. Versierte Lenkradartisten können den Schleuderverhinderer in jedem Fahrprogramm deaktivieren. Jede Medaille hat bekanntlich eine Kehrseite, so auch diese. So brillant sich die Alpine A110 S auf der Rennstrecke schlägt, wenig kann sich das straffe Fahrwerk mit Landstraßen anfreunden, die nicht so eben sind wie Rundkurse. Wer eine der beiden Power-Alpines täglich fahren will, greift besser zum GT-Modell. Das hat das gute Fahrwerk des "normalen" A110, bügelt Unebenheiten deutlich souveräner aus und bietet ebenfalls alle Spaß-Modi. "Diese eindeutige Unterscheidung wollen wir genau so", sagt Chefingenieur Denis Rebourg.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 30. Januar 2022