Hauptsache Made in Germany

Warum fahren eigentlich so viele Türken in Deutschland in deutschen Autos umher? Döner-Buden-Besitzer Kadem Yanik aus Essen hat seine ganz eigene Theorie.
"Ich bin ein guter Autofahrer. Daher kann ich auch mit Schrott fahren", grinst Kadem Yanik und wuchtet die Einkäufe für den heutigen Tag aus seinem Nutzfahrzeug, einem Citroen Berlingo. Der sympathische 59-Jährige mit einem türkischen und einem deutschen Reisepass lebt seit dem 8. Januar 1978 in der Ruhrmetropole Essen und ist somit einer von insgesamt drei Millionen in Deutschland lebenden Menschen türkischer Herkunft. Er sei "abgehauen vor den Arbeiter- und Studentenbewegungen in der Türkei" erklärt er ruhig. "Ich wollte Bauwesen studieren. Doch damals ging das nicht. Jeder wollte Dir da unten an die Wäsche. Also bin ich nach Deutschland gekommen." Warum der zur Jahrtausendwende offiziell zum König der Drehspieße in Nordrhein-Westfalen gekürte Kadem Yanik keine Häuser, sondern Döner baut, liegt an seiner Frau. "Ich habe zwei Jahre auf den Studienplatz gewartet - nichts passierte. Dann habe ich meine Frau kennengelernt und geheiratet. Kurz darauf wurde ein Platz frei... doch dann wollte ich nicht mehr." Seitdem verbringt er nahezu jeden Tag an der Steeler Straße. Genauer gesagt in seinem kleinen Restaurant mit dem kunstvollen Namen Döner A\'Kademie.
"Deutsche Sachen sind einfach gut"
Direkt davor parkt sein eigentliches Automobil: Eine C-Klasse von Mercedes-Benz. Natürlich mit einem Dieselmotor, denn ursprünglich waren mehr als nur eine Urlaubsfahrt in sein Heimatland, die Türkei geplant. Dass es letzten Endes bei nur einer Heimfahrt geblieben ist, stört ihn nicht: "Wenn Du einmal mit so einem Wagen diese Strecke hinter dich gebracht hast, sind Deine Stoßdämpfer hinüber. Da sind Schlaglöcher, da passen ganze Autos rein." Nach dieser einmaligen Erfahrung wundert es also nicht, dass er die mindestens 2.500 Kilometer bis Istanbul lieber mit dem Flugzeug zurücklegt - ebenso wie jährlich rund fünf Millionen weitere Touristen aus Deutschland. Wenn sein Weg ihn in seinen Geburtsort Erzurum führen würde, addieren sich nochmals 1.200 Kilometer hinzu. Doch warum fahren er und gefühlt jeder zweite Türke in Deutschland dann überhaupt einen Mercedes? Die Antwort fällt denkbar einfach und kurz aus: "Weil er made in Germany ist."
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- Geschrieben von marcel-sommer
- Veröffentlicht: 11. November 2016