Das Zentrum der US-Kraft ist ein kompressor-zwangebeatmetes 6,2-Liter-Ungetüm, das ein mörderisches Drehmoment von 855 Newtonmetern auf die Hinterachse feuert. Ja, es ist das Aggregat, dass die Amerikaner so euphemistisch "Small Block" nennen. Jenes klassische Triebwerk, das mit einer zentralen Nockenwelle und lediglich zwei Ventilen pro Zylinder ausgestattet ist. "Archaisch", wird mancher technikverliebte Teutone jetzt murmeln. Doch der Achtzylinder-Motor überzeugt mit Leichtbau, einer Zylinderabschaltung beim langsameren Cruisen, die den Verbrauch laut Datenblatt auf 13 Liter pro 100 Kilometer drückt. Damit diese unbändige Kraft bei einer sportlichen Gangart auch auf die Straße kommt, backt Michelin einen speziellen Reifen, der an den Seiten härter ist, dessen traktionsbringende Laufflächen-Mitte von den französischen Rallye-Pneus, die für den Asphalt abgestimmt sind, stammt. Allerdings müssen auch diese Walzen erst einmal Betriebstemperatur erreichen, damit sie den bestmöglichen Kontakt zur Straße herstellen können, sonst tänzelt das Heck gerne nervös.
Agile Vorstellung
Der gestreckte Galopp ist eine Sache, aber auch mit einer brutal schnellen Fünfmeter-Limousine will man bisweilen zackig um die Ecken brettern. Da hilft das Gewicht von 1.850 Kilogramm und ein daraus resultierendes Leistungsgewicht von 2,8 Kilogramm pro PS. Nicht nur die rohe Kraft und der Leichtbau, sondern auch die Liebe zum Detail macht den CTS-V zum ernsthaften Konkurrenten für die deutschen Platzhirschen. Die Aerodynamik ist so ausgefeilt, dass der Wagen für Abtrieb sorgt. Das verleiht den Ami auch bei hohen Geschwindigkeiten Stabilität. Sogar das Gitter des Kühlergrills hatten die Ingenieure im Blick: Das verjüngt sich nach hinten und lässt so mehr Kühlluft durch, die die kräftig zupackenden Brembo-Bremsen dringend benötigen.
Beim Einlenken verhält sich der CTS-V agil und das Heck wird durch elektronische Sperrdifferenzial mit souveräner Hand um die Ecken geführt. Die Steuerung ist direkt und spricht aus der Mittellage gut an, erreicht aber nicht die Mitteilungsfreude des BMW-Pendants. Die Spreizung der Fahrmodi ist dagegen gelungen. Bei Tour geben sich die adaptiven Dämpfer alle Mühe, die Fahrbahn-Unebenheiten zu schlucken, ohne die Sportlichkeit der Limousine zu negieren. Das Gegenstück ist "Track", bei dieser Einstellung ist der Cadillac ultra-direkt und setzt die Wünsche des Fahrers sofort in Dynamik um. Aber auch dabei brüllt das V8-Triebwerk seine Kraft nicht komplett ungezügelt heraus. Die Gangwechsel der in GM-Eigenregie entwickelten Achtgang-Automatik gehen vor allem in der Track-Einstellung flott vonstatten, besser ist man natürlich mit den Schaltwippen dran.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 22. Oktober 2015