Doch ein Civic Type R will gejagt werden, will die Zähne zeigen und sich mit allem, was er hat in den Asphalt krallen. Mit einem Druck auf den roten R-Knopf färben sich die Instrumente rot und signalisiert, dass man jetzt "im Kampfmodus ist", wie es Hisayuki Yagi, der Projektleiter des CivicType R bezeichnet. Kurz: Der wilde Civic mutiert zum absoluten Fahrbiest. Wie ein kampfeslustiger Samurai, spannt der Bolide in Sekundenbruchteilen seine Muskeln, um anzugreifen. Die variablen Dämpfer straffen sich, melden jede Fahrbahnunebenheit zuverlässig und die Gaspedalannahme und die Lenkung wird noch direkter. Ein schrägverzahntes Sperrdifferential sorgt vorne für Traktion unterstützt von einem erweiterten ESP, das mit Bremsengriffen den Civic um die Kurve zirkelt. "Mit dem Sperrdifferential waren wir auf der Nordschleife um fünf Sekunden schneller", erzählt Hisayuki Yagi. Dort wurde der Civic Type R fit für die europäischen Straßen gemacht. Das merkt man. Dem Primat der Agilität haben die Japaner mit einer Detailverliebtheit, die ihresgleichen sucht, alles untergeordnet. Angefangen von der Aerodynamik, bei der ein speziell geformter Heckflügel kombiniert mit einem fast durchgängig flachen Unterboden inklusive Diffusor für gehörigen Abtrieb sorgt.
Wahre Kurvengier
Die Gier, mit der der Honda auf jede Kurve zustürmt und diese, auf einer Linie wie mit einem scharfen Samurai-Schwert gezogen durcheilt, ist für ein frontgetriebenes Auto mehr als beachtlich. Draufhalten, nach einem Tritt auf das Bremspedal packen die Brembo-Bremsen beherzt zu, einlenken und wie vom Zirkel gezogen um das Eck. Früh aufs Gas und weiter geht die gnadenlose Hatz auf der Suche nach der nächsten Biegung. Der Grip ist einfach Wahnsinn, da kann sich auch ein Golf R warm anziehen, der GTI sowieso. Erst wenn man mit deutlichem Geschwindigkeitsüberschuss in eine Ecke feuert, scharrt der wieselflinke Honda mit den Vorderrädern. Die Lenkung ist straff und präzise zugleich. Zwar haben die Honda-Ingenieure die Lenkeinflüsse weitgehend mit Hilfe der Doppelachsen-Vorderradaufhängung, bei der Achsschenkel und Federbein voneinander getrennt sind, minimiert; ganz verschwunden sind sie nicht. Bei Sprints aus engen Kurven zerrt es durchaus am Volant.
Wer beim schnellen Kompakt-Honda ein Doppelkupplungsgetriebe erwartet, erntet von den Verantwortlichen nur ein müdes Lächeln, das japanisch-höflich ausdrückt, dass solche Kinkerlitzchen nur etwas für fahrerische Weicheier sind. Beim Civic Type R wird puristisch mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe geschalten. Dank der präzisen Schaltung mit extrem kurzen Wegen, mutiert jeder Gangwechsel zum Erlebnis, dass man es kaum mehr erwarten kann, die Hand wieder an den Knüppel zu legen. Knackig rastet die nächste Fahrstufe ein gefüllt vom inbrünstigen Klang des Motors - diese Sequenz macht süchtig.
- Details
- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 02. Juni 2015