Im Kreise der kindlichen Kumpane konnte man beim Kartenspiel zwar Anerkennung ernten, doch geliebt wurde man mit dem italienischen Donnervogel nicht. Das war in der Realität kaum anders. Wer den Countach, mit 1,07 Meter kaum höher als ein schicker Stiletto, pilotierte, der war anders. Schnell - gewiss, doch extravaganter als erlaubt, eben einfach anders. Einen Countach fuhr, wem ein Aston, ein Monteverdi, ein Porsche oder ein Ferrari zu langweilig war. Das riecht man förmlich, als der brüllende V12 vorbei an der bayrischen Staatskanzlei kurzeitig in den Münchner Untergrund Richtung Museumsviertel verschwindet. Über einen hakeligen Stock wird heruntergeschaltet nach links oben in Gang Nummer zwo. Diese scharfe Schleuder brüllt und hat selbst im trockenen Probleme ihre Potenz über die 345er Hinterreifen in den Asphalt zu bannen. Die Mitarbeiter der städtischen Verkehrsbetriebe blicken auf und zollen dem schwarzen Ufo nur im geheimen Beifall. Wüssten sie, wie unbequem man mit 1,90 Metern und über 100 Kilogramm in dem wilden Italoboliden sitzt - sie würden klatschen. Laut und deutlich.
Ab auf die Piste
Kein Vergleich zu heute, wo sich Lamborghini mit Audis Gnaden dem sinnvollen Allradantrieb verschrieben hat. Valentino Balboni, jahrzehntelanger Cheftestfahrer der Marke schüttelt darüber noch heute den Kopf. "Ich habe kein Auto lieber gefahren als den Miura. Das war ein Auto - da kommt keiner ran. Auch nicht die aktuellen Modelle", erinnert sich Valentino Balboni. Die aktuellen Modelle von Lamborghini prahlen als wilde Stiere. Doch Allradantrieb, automatisiertes Renngetriebe und elektronische Rettungsanker machen emotionale Renner wie Aventador oder Huracan ebenso schnell wie berechenbar. Wild war gestern - und der Countach war wohl der letzte seiner Art.
Auf der Autobahn Richtung Garmisch zeigt, der Lambo, was er kann. Die Kupplung erfordert einen starken linken Oberschenkel und die fehlende Servolenkung lässt den Ausritt mit dem Unknown Flying Object zu einem spektakulären Workout werden. Locker pflügt das Feindbild jeder Ökobewegung durch die billige Fiat-Tachoskala gen Süden. Zurück auf der Landstraße geht das Bodybuilding in die Profiphase. Zumba Dance war gestern - es lebe der Kurven-Lambo! In engen Kurven oder im Grenzbereich gab es einfachere Renner. Das wilde Heck, das kleine Steuer und mächtig Dampf im Hintern. Die Zylonen wären zu Recht geflohen, denn der Countach hätte sie pulverisiert. Einen Lambo zähmen? Nahezu unmöglich - damals wie heute. Fußballprofis liebten ihn, Stars und Sternchen parkten ihn ebenso gern in der Hofeinfahrt wie das Rotlichtmilieu, das den Countach gerne farbenfroh chauffierte.
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- Veröffentlicht: 06. Oktober 2021