Der Aufbau eines S 680 Guard unterscheidet sich deutlich von dem einer S-Klasse, auch wenn beide optisch ähnlich sind. Die gepanzerte Version hat einen Rohbau aus Panzerstahl, der an neuralgischen Stellen mit Aramidelementen, also Kevlar, bestückt ist und mit einer Blechhülle das Aussehen der Serien-S-Klasse bekommt. "Das Kunststück ist die Sicherheitszelle. Die Beplankung ist nur noch Dekoration", erklärt Baureihenleiter Dr. Andreas Zygan, der den Handel mit den gepanzerten Fahrzeugen als "Geschäft, das im Verborgenen stattfindet" bezeichnet. Wenn es um Schutz von Menschen geht, ist Diskretion oberstes Gebot. Die Mercedes-Techniker sind immer im Austausch mit den Experten des Bundeskriminalamts und des Beschussamts, die versuchen, die Schwachstellen des S 680 Guards aufzudecken. Deswegen befeuern sie das Auto auch mit über 300 Schuss VR10- Munition, um zu sehen, ob der Biofidel-Dummy den Kugelhagel unbeschadet übersteht. Die Puppe hat 42 Knochen sowie zwölf Weichteil- und Gewebebestandteile, die die Beschaffenheit eines Homo Sapiens nachbilden.
Kühlschrank im Innenraum
Fehler sind ein No-Go. Deswegen spielt man in Sindelfingen alle Eventualitäten durch. Ein Element des Unterbodenschutzes wiegt 120 Kilogramm und besteht aus Stahl mit einer Aramidbeschichtung, um gegen Splitter gewappnet zu sein. Dazu kommen zentimeterdicke, mit einem Polycarbonat-Splitterschutz beschichtete Scheiben. Die in den Türen lassen sich im Notfall per Hydraulik schließen oder öffnen, damit man durch die Öffnung entfliehen kann. Deswegen befindet sich in jeder Pforte eine Einheit aus Kompressor und Ventilblock samt Druckspeicher. Jede Türe wiegt 120 Kilogramm (S-Klasse, etwa 25 Kilogramm) und werden mithilfe eines elektro-mechanischen Systems bewegt. "Wir hören von unseren Kunden beziehungsweise deren Personenschützer immer wieder, dass es das Wichtigste ist, dass sie die Hände frei haben und sofort reagieren können", erklärt Andreas Zygan. Insgesamt bringt Mercedes S 680 Guard rund 4,2 Tonnen auf die Waage. Technische Feinheiten werden auf das Nötigste reduziert. Bei diesem Mercedes ist Robustheit die oberste Maxime. Deswegen hat der Guard ein 12 Volt Bordnetz und verzichtet auf Spielereien wie ein 3D-Cockpit oder ein Head-up-Display, das auch wegen der Splitterfolie in der Windschutzscheibe nicht funktioniert.
Im Innenraum geht es luxuriös zu. Deswegen gibt es den Mercedes S 680 Guard nur mit langem Radstand und auf Wunsch mit einem Kühlschrank in der Mittelarmlehne des Fonds. Hinter der Sitzbank befindet sich eine Panzer-Schutzwand, an der die Feuerlöschanlage (funktioniert nur bis zu einer Geschwindigkeit bist 10 km/h, da sonst das Mittel verpuffen würde) und der Frischluftzylinder angebracht sind. Der ist bei Gasangriffen besonders wichtig. Denn dann wird die Fahrgastzelle hermetisch abgeriegelt, ein Überdruck erzeugt, der die giftigen Stoffe nach außen drückt und den Innenraum mit frischer Luft flutet.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 06. Oktober 2021