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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 06. Oktober 2021
Abrahams Schoß
Der schwer gepanzerte Mercedes S 680 Guard ist eines der sichersten Zivilfahrzeuge der Welt. Die Produktion ist aufwendig und wird fast vollständig von Hand erledigt. Wir haben uns hinter das Steuer des 4,2 Tonnen schweren Kanzlermobils gewagt.
Das Dragunov-Scharfschützengewehr ist ein Klassiker. Mit der richtigen Munition ausgestattet, sollen die Kugeln dieser Waffe sogar Baumstämme durchschlagen und der Kern im Grunde unversehrt und damit gefährlich bleiben. Was "Call of Duty" Videospielfans jubeln lässt, finden sie bei Mercedes nur bedingt lustig. Denn für Politiker und andere hochrangige Persönlichkeiten stellen solche Waffen eine realistische Bedrohung dar. Deswegen fahren diese Personen auch immer in gepanzerten S-Klassen vor. Die neueste Version des rollenden Bunkers ist als VR10 klassifiziert (Vehicle Resistance), und erreicht damit die höchste Schutzstufe für zivile Fahrzeuge. Damit ist das Vehikel resistent gegen Kugeln des Kalibers 7,62 x 54R (Stahl-Vollmantel, Spitzkopf, Stahlhartkern mit Brandsatz) beziehungsweise 12,5 Kilogramm Plastiksprengstoff. Somit beißen sich auch die unheilbringenden Dragunov-Kugeln an diesem Gefährt die Zähne aus. So viel Sicherheit hat ihren Preis: Der rollende Schutzanzug kostet mindestens 543.949 Euro, mit Sonderwünschen können es noch mehr werden.
Unterschiedlicher Rohbau
Der Mercedes S 680 Guard ist weltweit der am meisten genutzte bewegliche Trutzburg, weil sich die Insassen in den gepanzerten S Klassen sicher wie in Abrahams Schoß fühlen. Nur das berühmte "Beast", die Limousine, in der der amerikanische Präsident vorfährt, übertrifft den Schwaben-Panzer noch. Dafür sitzt man im S 680 Guard angeblich spürbar geräumiger. So ein Vehikel wird nicht von heute auf morgen gebaut. Eine S-Klasse ist nach etwa eineinhalb Tagen fertiggestellt, beim Guard sind es rund 50 Tage. An jeder der 16 Stationen werkeln die Experten rund 400 Minuten, in der Serie sind es 90 Sekunden. Während die normale S-Klasse in der topmodernen Factory 56 fast ohne menschliches Zutun vom Band läuft, wird der Mercedes S 680 Guard ebenfalls in Sindelfingen in der Halle 15-3 von Hand zusammengebaut. "Das sind besonders erfahrene Kollegen", erklärt Produktionsleiter Christof Wittlinger.