Lässt man diese und andere Personalentscheidungen der letzten Zeit auf sich wirken, wird klar: Carlos Tavares agiert wie der Sonnenkönig Ludwig XIV, dessen Motto lautete "l\'État c\'est moi" (Der Staat bin ich). Jetzt also "Stellantis c\'est moi"? Und eine solche Monokultur hat einem Automobilbauer nicht immer gutgetan. Bitte bei Carlos Ghosn oder Martin Winterkorn nachschlagen. Tatsache ist, der Stellantis-Konzern ist zunehmend auf Tavares zugeschnitten. An entscheidenden Stellen sitzen Vertraute des freundlich auftretenden Portugiesen. Der Alfa Romeo-Chef Jean-Philippe Imparato ist seit Januar im Amt, die neue Chrysler-Chefin Christine Feuell kommt vom Zulieferer Honeywell und berichtet an Carlos Tavares. Genauso wie Ned Curic, der von Amazon kommt und Chief Technical Officer bei Stellantis wird. Bei diesen Personal-Rochaden gibt es auch Verlierer. Nachdem Tavares Amaury de Bourmont im März als Deutschland-Chef von Stellantis installierte, heuerte der treue Opel Soldat Michael Lohscheller bei vietnamesischen Unternehmen Vingroup an, um die die Autosparte Vinfast Global zu leiten. Ersetzt wurde Lohscheller durch Uwe Hochgeschurtz, den ehemaligen Renault-Deutschland-Chef, der also mit der speziellen französischen Unternehmenskultur vertraut ist.
Kannibalisierung droht
Blickt man auf die Unternehmenszahlen, spricht die normative Kraft des Faktischen für den zentralistischen Sparkurs des als harter Sanierer bekannten Tavares. Der Stellantis-Umsatz stieg in den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 um 46 Prozent auf 75,3 Milliarden Euro, was zu einem Gewinn von 5,9 Milliarden Euro führte. Die wichtige bereinigte operative Marge beläuft sich auf starken 11,4 Prozent. Auch Opel hat die Ägide der roten Zahlen hinter sich gelassen. "GM hat es jahrelang nicht geschafft, Opel zu sanieren", fasst Professor Stefan Bratzel. Direktor des Center of Automotive Management (CAM) zusammen. "Carlos Tavares befindet sich in einer Zwickmühle. Er will eine höhere Rendite, aber das Volumen ist nach unten gegangen und jetzt stellt sich die Frage, wie man höhere Marktanteile bekommt", analysiert Stefan Bratzel.
Ein solches Multi-Markenreich zu regieren, ist nicht einfach. Allerdings eröffnet sich durch den Zusammenschluss mit FCA eine weitere Aufgabe, nämlich die einzelnen Marken klar zu positionieren, sonst droht eine Kannibalisierung. "Das ist eine herkulische Aufgabe. Und es stellt sich die Frage, ob man als FCA-Konzern genug finanzielle Mittel hat, um die Marken zu diversifizieren", sagt Stefan Bratzel. Welche Stolperfallen lauern, zeigt das Beispiel Citroën Ami beziehungsweise der Opel Rocks-e. Erst sollte der französische Autobauer den Elektrowürfel nach Deutschland bringen und hatte ihn schon Journalisten präsentiert. Jetzt wird der Rüsselsheimer Autobauer, das Vehikel vermarkten.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 29. September 2021