Die obligatorischen 30 Kilometer sind absolviert, der Motor und vor allem das Öl sollten eine vernünftige Betriebstemperatur haben. Jetzt geht es zur Sache. Der Golf wartet nur darauf, von der Leine gelassen zu werden. Jede kleine Bewegung des Gaspedals erwidert der Kompaktsportler mit einem gierigen Zucken. Feuer frei! Rauf auf den Stempel. Der Rallye-Athlet springt angriffslustig nach vorne. Jetzt schlägt die Stunde des Allradantriebs, der das Scharen der vorderen Tatzen unterbindet. Nun meldet sich auch der mechanische Spirallader mit einem singenden Sägen. Die kompressorähnliche Zwangsbeatmung erfüllt ihren Zweck, schon aus dem Drehzahlkeller liegt Kraft an.
Klack. Dritter Gang. Wir reißen die Gänge gnadenlos durch. Jetzt zahlt sich die straffe und kurze Führung des Getriebes aus. Die Fahrstufenwechsel gehen flink von der Hand. Schnell strebt die Nadel des Drehzahlmessers der 6.200 U/min Marke entgegen, wo der rote Bereich beginnt. Wir schalten bei 6.000 Touren. Der 1040 Kilogramm schwere Golf ist für das 210 PS-Kraftwerk eher eine spielerische Pflichtaufgabe, denn physikalischer Hemmschuh. Die Beschleunigung ist auch heute noch beeindruckend. Das straffe Sportfahrwerk minimiert nervöse Bewegungen der Karosserie und vermittelt das viel zitierte und nur selten erreichte Gokart-Feeling. Wir sagen: ballern wie auf Schienen. In den Kurven hilft der Allradantrieb immens, der Frontkratzer des Golf GTI wäre mit diesem Geschoss hoffnungslos überfordert und würde die Kraft dieses speziellen VW Golf II Rallye G60 nur verpulvern.
Damals kannte dieser Golf nur wenige Gegner und ließ so manchen Sportwagen alt aussehen. Die Antwort von Ford ließ nicht lange auf sich warten. Ein Jahr nach Erscheinen des Rallye Golfs konterten die Kölner mit dem Ford Escort RS Cosworth mit 220 PS. Doch der sportliche Ruhm gehörte erst einmal dem Wolfsburger Geschoss, mit dem Erwin Weber 1991 Deutscher Rallye Meister wurde.
Fotos: press-inform / VW / Kai-Uwe Knoth
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 30. Dezember 2020