Also war der VW Golf II Rallye G60 ein feines Stück Technik, mit dem VW die Rallye-Welt aufmischen wollte. Dementsprechend ambitioniert war auch der Preis. Zu den Basiskosten von 44.500,00 DM kamen noch etwa 13.000 DM für den Zylinderkopf und die anderen Feinheiten dazu. Also ein schöner Batzen Geld für einen Golf. Aber wir sollten bald herausfinden, dass dieses Auto mit dem klassischen 50 PS-Schnauferl der Hutträgerfraktion so gut wie nichts gemein hat. Aber zunächst mustern wir einen der zwölf Golfe, wie der Safari-Besucher einen sich faul in der Sonne rekelnden Löwen anstarrt. Gebannt von der Erscheinung und wissend, dass sich die Raubkatze in Sekundenbruchteilen vom dösenden Faulpelz in eine Jagdmaschine verwandeln kann.
Typischer Hartplastikcharme
Uns fallen sofort die dicken Backen auf. Anders als beim Zubehörhandel sind das keine Plastikaufsätze, sondern Teil des Blechkleides, um die breitere Spur und die breiten 205er Pneus auf 15 Zoll Felgen unterzubringen. Dazu passen die wuchtigen Schweller, die eckigen Doppelscheinwerfer, der kleine Heckspoiler und natürlich auch der obligatorische Doppelauspuff.
Im Inneren erwartet uns der typische Hartplastikcharme der damaligen Zeit, aber auch Recaro-Klammern, die uns mit ausgebreiteten großen Seitenwangen empfangen und bald klarmachen: "Wir geben Dich nicht mehr her". Die ideale Sitzposition ist schnell gefunden, auch ohne tausend Verstellmöglichkeiten. Mit einem Schlüsseldreh erwacht der aufgepumpte Vierzylinder zum Leben. Beim Einrollen und Warmfahren zeigt sich der Rallye-Golf von seiner zivilisierten Seite. Doch eines fällt sofort auf. Das Getriebe ist herrlich knorpelig, hat kurze Wege und der Ganghebel lässt sich präzise führen. Heißa! Nichts von der weichgespülten Automatik-Attitüde aktueller Fahrzeuge. Hier ist der Pilot noch Herr im Haus und hält sein Geschick in seinen eigenen Händen.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 30. Dezember 2020