Dagegen ist Redundanz und damit verschiedene Bedienwege weiterhin ein großes Thema. Neben dem Berühren will man die Gesten nicht ganz aufgeben und experimentiert mit Erleichterungen, wie das Anlegen des Gurts durch eine Handbewegung quer über den Oberkörper. Aber das Schlüsselmedium der Zukunft wird die Sprache sein. "Bei der Technik im Auto geht es heutzutage hauptsächlich um die Schnittstelle zum Menschen", sagt Nils Schanz, Leiter User Interaction / Voice Control bei Mercedes. Gemeint sind Sprachbefehle, die das fortsetzen, was mit den "intelligenten" Lautsprechern inklusive Sprachassistenten im heimischen Wohnzimmer begonnen hat. Schon 80 Prozent der Mercedes-Fahrer halten die Sprachsteuerung für das wichtigste Bedienelement im Auto. Das ist bemerkenswert, da die Kunden des Sterns bislang nicht zwingend als "Digital Natives" bekannt sind. Fragt man bei BMW oder Volkswagen nach, wird klar, dass die Zukunft der verbalen Bedienung des Infotainments gehört. Das schließt Dialekte und zunehmend umgangssprachliche Anweisungen mit ein. Alleine in China sind bei Mercedes vier Sprachen installiert. Die je nach Region einsetzbar sind. Doch mit dem bloßen Verfeinern der Sprache-Aktions-Anwendung würde das Infotainmentsystem zu kurz greifen. Wieder weisen die täglichen Gewohnheiten den Weg, wohin die Reise des Infotainmentsystems geht. Fragen nach einem thailändischen Restaurant in der Stadtmitte Münchens, das glutenfreie Speisen und freies Wifi bietet, kann das Mercedes MBUX-System beantworten. Bald können Kunden in China Ihr Essen aus dem Auto heraus bestellen und sich nach Hause liefern lassen. In Europa ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis diese Funktion in die Autos kommt.
Infotainment wird jedem Land angepasst
Die Infotainment-Systeme der Zukunft werden vom Deep Learning beziehungsweise der künstlichen Intelligenz profitieren. "Das System wird sich auf den Fahrer einstellen, nicht umgekehrt.", erklärt Nils Schanz. Das hat ein empathisches und Proaktives Agieren zur Folge. Zum Beispiel soll das Infotainment sich an den Gewohnheiten des Fahrers orientieren und sein Verhalten dementsprechend anpassen. Ruft man öfters während der Fahrt zum Arbeitsplatz schon im Büro an, schlägt die Software das dann vor. Auch dem Spieltrieb wird bereits mit Apps wie "Idiom Solitaire" oder "Geo Quiz" Rechnung getragen. Weitere sollen folgen.
Grundsätzlich wird bei Mercedes, wie bei anderen Herstellern auch, das System für jedes Land angepasst. BMW hat in Shanghai eine Entwicklungsabteilung für solche Aufgaben. Das bedeutet, dass die einzelnen Märkte die jeweilige Plattform nutzen, um durch Kooperationen mit lokalen Dienstleistern die Fähigkeiten maßzuschneidern: Also kann bei Mercedes‘ MBUX-System Amazon Music aktiviert werden, oder die chinesische Suchmaschine Baidu - je nachdem, wo das Auto produziert wird. Kooperation mit Soundhound (Musikerkennung), Xiaomi (Smart Home) oder den Sprachsteuerungsspezialisten von Cerence (früher Nuance) sollen das Mercedes MBUX-System flexibler machen. Dann wird jeder Passagier im Auto mit dem MBUX-Infotainment kommunizieren können, das System wird die jeweiligen Personen anhand der Stimme erkennen.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 07. Mai 2020