Bleibt die Frage, ob man den Kauf eines Autos im Internet so einfach gestalten kann wie den Kauf eines Buches wie es Daimler-Vertriebschefin Britta Seeger fordert. Denn zum einen kostet ein Auto aus dem Hause Mercedes schnell 50.000, 75.000 oder mehr als 100.000 Euro und zum anderen ist das Auto deutlich komplexer als ein Buch, dessen Inhalt sich selbst bei einem dicken Wälzer auf ein paar Zeilen zusammenfassen lässt, ohne das wichtigste zu vergessen. Das sieht bei einem Auto mit seiner entsprechenden Konkretisierung in Modell, Karosserievariante, Ausstattung und Antrieb ganz anders ist. Die Hemmschwelle mit ein paar Mausklicks viele zehntausend Euro auszugeben ist groß. Jedoch hat Tesla mit der Begehrlichkeit seiner Elektromodelle Model S und Model 3 gezeigt, dass potenzielle Kunden durchaus bereit sind, nennenswerte Beträge online auszugeben, ohne Kontakt mit einem Autohaus gehabt zu haben.
Bei den meisten Marken führt an den Händlern auch in Zukunft kein Weg vorbei, da hier Auswahl, Bestellung, Auslieferung, Service und Wartung stattfinden, was sich der Händler von Hersteller und Kunde gleichermaßen gut bezahlen lässt. Nicht nur die Händler von Premiummarken unterstreichen daher immer wieder, dass an ihren Händlern kein Weg vorbeiführt. Britta Seeger: "Unsere Autos werden von Menschen für Menschen gemacht. Der persönliche Kontakt spielt dabei weiterhin eine tragende Rolle. Über 80 Prozent der Kunden möchten noch immer im persönlichen Kontakt beraten werden und Probefahrten machen. Der physische Vertrieb wird für uns weiter unverzichtbar sein." Doch die Realität sieht wohl anders aus, denn gerade bei trendigen Marken und deren Modellen erscheint es allemal machbar, das Geschäft online abzuwickeln und in Ballungsräumen zentrale Stationen einzurichten, an denen man die Fahrzeuge für den Service oder Instandsetzungen abgeben kann. Die Arbeiten am Fahrzeug selbst werden an einer Servicefabrik ohne Publikumsverkehr durchgeführt und nach Beendigung wieder zu Abholpunkt der Servicestation gebracht. Bei der Kaufentscheidung helfen dagegen Imageboutiquen, wie diese viele Marken bereits in großen Einkaufszentren kreiert haben oder die immer beliebter werdenden Pop-Up-Stores, die nach einigen Wochen wieder verschwinden.
Bei Mercedes haben seit 2018 rund 450 Händlerbetriebe einen neuen Markenauftritt bekommen. Zudem ist ein sogenannter Star Assistent der zentrale Ansprechpartner und soll den Aufenthalt des Kunden im Autohaus so angenehm wie möglich machen. Wer mit seinem Fahrzeug zum online gebuchten Termin kommt, wird zum Beispiel bereits bei der Einfahrt anhand seines Autokennzeichens erkannt. Viele dieser Servicedienstleistungen gibt es bereits in den USA, wo Autohäuser mit eigenem Golftrainer, Kinderbetreuung oder Beautysalon existieren oder in den Vereinigen Arabischen Emiraten, wo nicht nur die zahllosen Arbeitsbühnen Bestmarken setzen. Doch gerade in Europa gibt es viel zu tun, damit der Kunden sich auch zukünftig für ein Auto entscheidet, bei dem immer weniger interessieren wird, wie es letztlich fährt. Marke, Design, Image und nicht zuletzt der Servicewert geben neben dem Preis für viele Kunden den Ausschlag, in welches Volant man sich setzt.
Fotos: JLR
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- Veröffentlicht: 22. Juli 2019