Lange vor dem Dieselskandal hatte Audi die echte Erfolgsspur verlassen und merkte es nicht einmal. Mercedes konnte man zwischendurch überholen und auch lautstark am damaligen BMW-Thron kratzen. Doch Audi-Chef Rupert Stadler blieb auch abgesehen von seinem Gefängnisaufenthalt zu lange im Amt und war zuvor bei vielen internen Entscheidungen zu zögerlich. So wurde das Design zurückgenommen, während Technologien sich immer kleingliedriger verzettelten und feste Strukturen verblieben wie sie waren. Kaum mehr als ein Handvoll Technikfreaks entschied auf Ingenieursebene, was die potenziellen Audi-Kunden fahren und lieben sollten. Dass es bei den Händlern zunehmend haperte, die Kosten aus dem Ruder liefen und die Erträge sanken, wurde bemerkt, aber nicht ernsthaft geändert. Harte Effizienzprogramme wie bei General Motors, Ford oder selbst bei BMW oder Mercedes gab es bei Audi nicht. Erst langsam geht den Verantwortlichen ein Licht auf, dass es so nicht weitergeht.
Probleme begannen Anfang des Jahrzehnts
Das Ergebnis hat man nun auf dem Tisch: man ist mit sattem Abstand zu Mercedes und BMW die Nummer drei im Premiumsegment. Dabei gibt es kaum einen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Mit dem ehemaligen Interims-CEO Bram Schot sitzt jetzt ein Mann am Steuer, denn man am Anfang vielleicht gar nicht wollte. Doch vielleicht gerade deshalb packt der auch heikle Themen an, hinterfragt bestehendes und sorgt für Unruhe. Damit sind die Baustellen noch nicht beseitigt, doch einige Weichen sind gestellt. Mitte des Jahres ist Hildegard Wortmann vom direkten Wettbewerber BMW frei und dürfte als Vorstand für einen neuen Weg im zuletzt blassen Marketing und Vertrieb von Audi sorgen.
In Sachen Entwicklung sind die Baustellen am größten. Jahrelang hat sich Audi auf dem in die Jahre gekommenen Slogan Vorsprung durch Technik ausgeruht, der längst keiner mehr war. Kein anderer Autohersteller hatte in den vergangenen Jahren derart viele Entwicklungsvorstände und Vorstandswechsel überhaupt. Wenn die Ingolstädter eines brauchen, ist es nicht nur ein neues Team, sondern auch eine zielgerichtete Perspektive für die nächsten Jahre. Die fehlte seit Anfang dieses Jahrzehnts. Die großen Probleme begannen 2012 als zeitgleich Entwicklungsvorstand Michael Dick, Chefeinkäufer Ulf Berkenhagen und Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer ihre Posten räumen mussten. Die hohen - gerade auch aus Wolfsburg in sie gesetzten Erwartungen - konnten alle drei nicht erfüllen. Dabei machte es Nachfolgegeneration kaum besser. Insbesondere der folgende Entwicklungsvorstand Wolfgang Dürheimer, mit großem technischen Verständnis und Rückenwind durch die Leitung der Edelableger Bentley und Bugatti nach Ingolstadt gereist, wurde nach weniger als einem Jahr wieder ausgetauscht. Luca de Meo, erst kurz zuvor mit jeder Menge Vorschusslorbeeren aus dem Fiat-Konzern in den Volkswagen Schoß gewechselt, schaffte es ebenfalls nicht Audi weiter nach vorne zu bringen. Allzweckwaffe Ulrich Hackenberg sollte es - mit höchsten Weihen eiligst aus Wolfsburg in den Süden gesandt - fortan richten und viel mehr als dort nur ein Entwicklungsvorstand sein. Hackenberg saß fortan alles andere als im Schatten von Audi-Markenchef Rupert Stadler und trug für alle sichtbar nicht nur die Kapitänsbinde am Arm, sondern auch noch die Bezeichnung Libero auf dem Trikot. Doch den technikverliebten Audianern fielen bei aller technischer Finesse Probleme im internationalen Vertrieb und ein Design auf die Füße, das sich zwar sehen lassen konnte. Problem: viele Fahrzeuge sahen kaum anders aus als ihre Vorgänger.
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- Veröffentlicht: 28. Februar 2019