Da es nicht um ein privates Autokino, sondern um das Thema Sicherheit geht, wird der HD-Beamer der nahen Zukunft über die im Fahrzeug verbauten Kameras und Navigationsdaten an die Fahrerassistenzsysteme gekoppelt. "Licht ist bei uns ein wichtiger Bestandteil hin zum unfallfreien Fahren", erläutert Gunter Fischer, "wir bringen nicht nur mehr Licht nach vorn. Es geht insbesondere um eine bisher nicht dagewesene Präzision der Lichtverteilung." So ist es bei engen Baustellenpassagen zum Beispiel möglich Hilfslinien auf die Fahrbahn zu projizieren. 60mal pro Sekunde wird ein Lichtbild erschaffen. Droht eine Gefahr oder wird es auf einer winterlichen Brücke spiegelglatt, können kurz vorher Warnmeldungen auf die Straße gestrahlt werden. Die Fahrbahn wird so zum Head-Up-Display außerhalb des Autos. Denkbar sind auch Hilfslinien für andere Verkehrsteilnehmer, womit diese erkennen, dass das herannahende Auto sie erkannt hat. Mercedes kann sich wie bei der Studie des Zukunftsfahrzeugs F 015 sogar vorstellen, den Kühlergrill zu einer Kommunikationsfläche nach außen werden zu lassen oder einen Zebrastreifen als Querungshilfe auf die Straße zu strahlen.
Eine Million Spiegel
Mit einer Million Lichtpunkten im Scheinwerfer lassen sich 100 Meter vor dem Fahrzeug schärfer denn je Kleinstelemente mit einer Größe von 2,5 x 4 cm darstellen. Noch müssen die Behörden jedoch ihre Genehmigungen erteilen. Wenn ein Auto variabel Warnmeldungen auf die Straße projiziert, ist dies schließlich ebenso für andere Verkehrsteilnehmer sichtbar. Gerade in den USA mahlen die juristischen Mühlen überaus langsam. Viele Funktionen der aktuellen Matrix-LED-Scheinwerfer von Audi, BMW, Porsche oder Mercedes sind im Land der unbegrenzten automobilen Möglichkeiten nach wie vor nicht erlaubt und somit nicht freigeschaltet. Ähnlich wie bei dem Aufbau eines Netzes für Schnellladesäulen ziehen viele Konkurrenten ausnahmsweise einmal an einem Strang. Vor 2019 / 2020 dürften die amerikanischen Gesetzgebungsverfahren jedoch kaum abgeschlossen sein.
Die Zukunftstechnik, das gleißend helle LED-Licht mit bis zu einer Million Mikrospiegeln maximal aufzufächern, stammt aus dem Hause des Zulieferers Texas Instruments. Der amerikanische Elektronikkonzern beliefert mit dieser Technik jedoch nicht Daimler selbst, sondern den Hersteller der Scheinwerfer; in diesem Falle zum Beispiel Automotive Lighting. Aus dem Hause Mercedes stammt dabei die entsprechend angepasste Steuerungselektronik. "Entscheidend ist nicht die Technologie im Scheinwerfer, sondern die digitale Intelligenz dahinter", betont Gunter Fischer. Mehr als zwei Dutzend Programmierer arbeiten in einem neu geschaffenen Projekthaus bei den Schwaben derzeit daran, das Licht von morgen und übermorgen möglichst effektiv in Szene zu setzen. Ähnlich sieht es bei Herstellern wie Volkswagen, Audi, BMW, Porsche, Volvo oder General Motors aus, die allesamt an vernetzten Lichtsystemen der Zukunft arbeiten.
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- Veröffentlicht: 01. Dezember 2016