Dazu kommt der grandiose Klang des Aggregates, der für jeden, der Benzin im Blut hat, eine Stereoanlage an sich überflüssig macht. Auf kurvenreichen Alpenstraßen setzt sich die Freude am Fahren fort. Vor allem das sehr leichte Heck, das mit einem gezielten Gas-Stoß das Anpeilen auf den Scheitelpunkt unterstützt, erfreut Fahrdynamiker, ist aber nichts für nervöse Zeitgenossen. Immerhin können die darauf vertrauen, dass das sanft regelnde ESP das übereifrige Hinterteil wieder einfängt, falls man zu heftig auf das Pedal tritt. Die elektromechanische Lenkung des Jaguar XE S kann da nicht mithalten. Sie ist zwar - vor allem im Dynamik-Modus - direkt, gibt aber nicht ganz so viel Rückmeldung, wie die eines 3er BMW, welchen Jaguar als Hauptkonkurrent auserkoren hat.
Detailschwächen im Innenraum
Mit der aggressiver ausgelegten Schaltsoftware und der Kompressor-Dauer-Zwangsbeatmung steigt auch der Benzin-Verbrauch. Bei unseren Testfahrten pendelte er sich auf 10,4 Liter pro 100 Kilometer ein, wobei auch viele Autobahn-Kilometer in der Economy-Einstellung, bei der der XE S deutlich zurückhaltender agiert, zurückgelegt wurden. Das bedeutet aber nicht, dass der Jaguar die scharfen Krallen einfährt, nur jubelt der Brite in nicht ganz so hohen Drehzahlen, ehe er sich dazu entschließt, den Gang zu wechseln. Auch das Fahrwerk gibt Bodenwellen und Querfugen weniger unmittelbar an die Passagiere weiter. Der beste Kompromiss zwischen beiden Welten ist die Normal-Einstellung, in der die Raubkatze ihre sportliche Natur nicht verleugnet, aber auch auf langen Strecken die Rückenmuskulatur schont. Der Reisekomfort sind die gute Sitzposition und die Sportsitze (sinnvolle 1.100 Euro Aufpreis) mit ausreichend Seitenhalt durchaus zuträglich.
Der Innenraum hinterlässt einen ambivalenten Eindruck: Auf den ersten Blick wirkt er sehr chic, kann aber im Detail nicht mit der Verarbeitungsqualität der deutschen Premium-Konkurrenz mithalten. Das Gleiche gilt für das Infotainment: auch wenn Jaguar nun endlich die grobkörnigen, monochromen Display-Sünden ad acta gelegt hat. Nach einer Weile ist das Bedienkonzept zwar eingängig, erreicht aber dennoch nicht die Intuitivität eines BMW oder Audis. Der Teufel steckt auch hier, wie so oft im Detail: Zwar sind die Laser-Projektionen im Head-Up-Display gestochen scharf, aber es wäre durchaus hilfreich, wenn bei einem Kreisverkehr auch die Richtung (zum Beispiel "elf Uhr") angezeigt würde, in der man den Kreisel verlassen muss. Stattdessen steht nur eine Ziffer in der Anzeige des Head-Up-Displays, um die Ausfahrt zu markieren, die man nehmen muss.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 12. April 2016