Dass die Fans das Rennen in der Eifel so verehren, den Fahrern und ihren zu Legenden erhobenen Geschichten so huldigen mag keinen überraschen, der einmal hier war. Umso mehr, dass sich viele Autohersteller mit der Vermarktung einer der größten Motorsportveranstaltung der Welt so schwertun. Werden in der Formel 1, bei der Formel E und selbst bei der unverändert blassen DTM sechs- bis siebenstellige Summen in bunte Pavillons, Rahmenevents und eine perfekte Außendarstellung gesteckt, so sieht das beim deutschen Langstreckenpokal und dem Jahreshöhepunkt den 24 Stunden am Nürburgring ganz anders aus. Mal ja - mal nein, mal groß - mal klein - mal gar nicht. Trotz unbestrittenem sportlichem Wert, weltweitem Image und den besten GT-Fahrern auf der Welt spielen viele Hersteller nur das kleine Programm. Die Fanpavillons sind bisweilen kaum größer als Baucontainer, Merchandising und Fahrerinszenierung hat selbst bei den imageträchtigen Premiumherstellern jede Menge Potenzial, während Importmarken wie Toyota oder Hyundai an der Nordschleife mittlerweile ebenso Vollgas geben wie die Reifenhersteller, die sich hier traditionell besonders stark in Szene setzen.
Fans nehmen Urlaub
Es scheint fast, als wäre es dem ein oder anderen Autobauer peinlich, in der Tourenwagenszene aktiv und erfolgreich zu sein, wo Elektroautos oder hybrides Gedankengut abseits von wenig erfolgreichen Intermezzi bisher nicht viel zu suchen haben. Porsche hatte vor Jahren mit einem hybriden 911er eine echte Siegchance, während der Gumpert Apollo eher durch sein Design, als durch Erfolge für Unterhaltung sorgten. Das war es. Die Fans kommen an die Nordschleife, weil viele der besten Piloten der Welt 24 Stunden mit Vollgas bei jedem nur erdenklichen Wetter über die schwerste Rennstrecke der Welt donnern. Vollgasorgien im Porsche 911 gegen Audi R8, BMW M6 oder Mercedes AMG GT - das ist es was die Zuschauer sehen wollen. Reifenplatzer, Abflüge, Überholmanöver, Reifenwechsel und Reparaturen in der überfüllten Boxengasse, wo die Teams Rücken an Rücken die gleichen Höchstleistungen wie die Piloten bringen.
Genau dafür nehmen die Fans Urlaub, bauen Zeltstädte am Schwabenschwanz, zelten am Wippermann oder am Brünnchen - feiern und grillen sich dabei um Kopf oder Kragen. Das ist Motorsport, wie er schon immer war und wie sich ihn viele nach wie vor sehnlichst Wünschen. CEOs und Vorstände werden hier weit weniger als bei anderen Rennengagements gesehen - Hybrid und Elektro sucht man vergebens und statt veganem Superfood gibt es am Ring Currywurst, Pommes und das Adenauer-Pfännchen - doppelt Sahne oder gar nicht. Eine der wenigen Ausnahmen ist PSA-Konzernchef Carlos Tavares, der traditionell als privater Starter in einem Opel Astra OPC dabei ist und die jüngsten Elektrotendenzen von Opel, Citroen und Peugeot bis Montagmorgen vergessen hat. Er kommt seit Jahren. Als einer von wenigen zelebriert Porsche das 24 Stunden Rennen seit Jahr und Tag als Höhepunkt im prallen Jahreskalender. 15 hauseigene Toppiloten kamen direkt aus Le Mans an den Ring.
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- Veröffentlicht: 23. Juni 2019