Mit einem Fortbewegungsmittel wie dem VW 181 fällt man hier wohl nicht nur wegen der gelben Lackierung auf, wie ein bunter Hund. Die, die den in den 70ern "The Thing" getauften VW 181 kennen, sind begeistert - nahezu alle anderen wollen ihnen kennenlernen. An der Grenze zu Missouri will sich ein junges Paar lieber mit dem gelben Ding als mit dem Staatenschild fotografieren lassen und träumt davon, den Miet-Sentra einfach einzutauschen. Nicht das einzige Kaufangebot auf der Tour. Beim Tanken werden immer wieder Köpfe in den ehemaligen Armeewagen gesteckt. "How cute", "great" und "what a car" tönt es aus den Mündern der Betrachter, die in Sekunden Fans zu werden scheinen. So viel Sympathie gibt es nicht einmal mit einem historischen VW Beetle oder einem kunterbunten Samba Bus. Dank des 40-Liter-Tanks und einer defekten Instrumentenkombination ohne Tacho, Kilometerzähler und Tankuhr geht es häufiger an die Zapfsäule und die zahlreichen Stopps bei Starbucks und lokalen Kaffeeröstereien sorgt dafür, dass es noch etwas häufiger Kontakt mit den lokalen Bevölkerung gibt.
Natürlich bräuchte der VW 181 mehr Leistung und natürlich sitzt es sich auf den Kunstlederstühlen alles andere als bequem; doch ist es nicht gerade das, was das Autofahren einmal ausgemacht hat? Man bekommt von der Umgebung alles mit. Als das gelbe Cabrio mit einem Zuckeln und Spotzen vor Booth\'s Grocery südlich des versumpften Grand Lake an der Louisina 82 ausläuft, dauert es nur Sekunden und Ladeninhaberin Teme kommt auf die Veranda und fragt, ob sie helfen kann. "Ich habe den Laden hier seit 1957", erzählt die rüstige Seniorin, die einem gleich die lokale Spezialität eine Wurst-Reis-Mischung anbietet, "aber zu dieser Zeit kommen nicht viele vorbei. Ist ja keine Jagdzeit. Was ist denn das für ein Auto? Habe ich noch nie gesehen." Sie hat gleich ihren Sohn herbeigerufen, der in einem betagten Pick Up mit Frau und Tochter anrückt. Er will helfen, doch eigentlich geht es um die Neugier, denn in den letzten Jahren hat es so einen spannenden Besuch wie ein gelbes The Thing hier nicht gegeben. Der vermeintlich leere Tank stellt sich nach dem Auffüllen per mitgeführtem Reservekanister als gar nicht so leer heraus. Stattdessen zickt die Benzinpumpe. Schließlich hat sie nach mehr als zwei Stunden Bastelarbeit nochmals ein Einsehen und steigt wieder ins Geschehen ein. Zum 50. Geburtstag will der VW 181 nicht hier im entlegenen Alligatorparadies seinen treuen Dienst quittieren.
Vorbei am wenig sehenswerten Port Arthur, dem Zentrum der lokalen Petrochemieindustrie geht es durch verschiedene Wildlife Refuges wieder auf die Küstenstraße namens Texas 87, ehe nach der kostenlosen Fährpassage Richtung Galveston die abschließende Fahrt in die texanische Metropole Houston lockt, die so viel moderner und als die letzte Tage und der VW 181 erscheint. The Thing darf sich nach den Strapazen der letzten Tage jetzt erst einmal ausruhen. Wer feiert schon seinen 50. Geburtstag mit einer mehrtägigen Party quer durch die Südstaaten der USA?
Fotos: press-inform
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- Veröffentlicht: 19. März 2019