Doch es dauerte lang, bis die Autohersteller - gefangen in ihrer eigenen millionenschweren Messewelt - auf das Festival am Colorado River aufmerksam wurden. Das SXSW ist kein Kongress oder gar eine Messe wie andere. Es gibt zehn Tage lang hunderte von Veranstaltungen, bei denen in Hotels oder offenen Themen- und Markenhäusern diskutiert wird. Smart ist erstmals mit seinem House of Smart vor Ort, Mazda stellt den Fahrdienst und Ford erzählt etwas über die vernetzte Zukunft. Hier spricht jeder mit jedem - über Gott und die Welt - vorausgesetzt, der eigene Name steht auf der Gästeliste. Ohne Kontakte und die richtigen Verbindungen geht hier gar nichts. Kurz mal in diese Diskussion einsteigen oder schnell zu dem Vortrag springen, läuft hier nicht. Man muss Zeit mitbringen, denn das Drumherum ist mindestens genauso wichtig, wie Botschaften und Ideen selbst.
Dass bereits zu morgendlicher Stunde ohne Scham Bierdosen und Weingläser geleert werden, ist hier an der Tagesordnung - die legendären Parties zu späterer Stunde sowieso. Doch wer die SXSW zu einem Partyevent abtun will, irrt gewaltig. Das lässige Arbeiten, das auch das Silicon Valley so kreativ hat werden lassen, gehört hier so selbstverständlich dazu wie die langen Schlangen vor den lokalen Starbucks-Filialen. Lockere Meetings, spannende Diskussionen über welchen auch noch so abstrusen Bereich - hier werden die Ideen von morgen geboren, die nicht nur die Autoindustrie so dringend benötigt. So ist es nicht nur zu erklären, dass Executives wie Bill Ford, Dieter Zetsche oder Annette Winkler ein paar Tage in Austin commuten, sondern auch ein Hersteller wie Nio sein neues vollautonomes Elektroauto mit Namen "Eve" erstmals auf der SXSW der Öffentlichkeit präsentiert. 2020 soll der Crossover auf den Markt kommt - mit autonomen Fahrfunktionen der Stufe vier allemal eine Herausforderung. "Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass wir hier auf der South by Southwest einmal ein Auto präsentieren", sagt Zetsche, "vielleicht nicht gerade die neue S-Klasse. Aber sonst…." Da überrascht es, dass Mercedes eine Kooperation mit dem SXSW eingeht und parallel zur IAA im Herbst 2017 in Frankfurt einen Partnerkongress veranstaltet - nicht zuletzt um die verschiedenen Dienste von "Mercedes me" zu verbreiten. Doch ist ein Innovationskongress als Teil einer betagten Automesse ein visionärer Weg?
Fotos: press-inform / Daimler
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- Veröffentlicht: 12. März 2017