Nach ersten Kontakten zu Maybach Mitte der 1870er Jahre besuchte der gebürtige Niedersachse Wilhelm Steinweg im August 1888 seine alte Heimat Deutschland und hier unter anderem auch Gottlieb Daimler. Bei einem ersten Treffen sondierte Steinway die Möglichkeiten, die deutsche Motorentechnik in seine neue Heimat zu holen. "Had a long talk with Daimler", schrieb der Auswanderer Ende August in sein prall gefülltes Reisetagebuch. Steinway hatte ein großes Interesse daran, die Cannstatter Motoren in seiner neuen Heimat den USA als Lizenzprodukt für Bootsantriebe herzustellen. Kurz nach seinem Treffen mit Daimler gründet William Steinway zurück in seiner neuen Heimat Long Island die Daimler Motor Company - DMC. Dabei sollte es zunächst nicht um Autos, sondern vielmehr um Stationär- und Schiffsmotoren gehen, die Steinway abseits der New Yorker Pianoproduktion in Lizenz produzieren wollte. In Deutschland wurden die neu erfundenen Motoren in Fortbewegungsmitteln wie dem legendären Reitwagen, einem Motorboot und selbst einem Motorluftschiff eingesetzt.
Erste Autos produziert in Long Island
Es sollte noch zwei Jahre dauern, ehe Gottlieb Daimler im August 1890 den ersten von Wilhelm Maybach konstruierten Vierzylindermotor nach New York auslieferte. Das mächtige 451 Kilogramm schwere Aggregat mit sechs Liter Hubraum und einer Leistung von immerhin 9 kW / 12,3 PS sollte testweise in einem Motorboot verbaut werden. Nicht einmal zwei Wochen danach lieferte Daimler Triebwerk Nummer zwei, eine weitgehend parallel entwickelte Motorvariante mit überschaubaren 2,4 Litern Hubraum. Das Gewicht hatte sich auf 153 Kilogramm gedrittelt und die Leistung auf 4 kW / 5,9 PS halbiert. Aufgrund der hohen Importzölle stand für William Steinway fest, dass nur eine eigene US-Produktion die hohen Kosten reduzieren konnte. Wie mir Daimler abgesprochen, machten sich amerikanische Ingenieure daran, die Arbeitsweise der beiden schwäbischen Aggregate zu studieren und ein knappes Jahr später ließ der Klavierfabrikant William Steinway ein paar hundert Meilen nördlich in Hartford / Connecticut den ersten betriebsfähigen Fahrzeugmotor Amerikas bauen. Die Pläne für den Lizenzbau der Daimler Motor Company hierzu stammten von Gottlieb Daimler.
Längst stand fest, dass die Motoren nicht nur Schiffe und stationäre Maschinen betreiben sollten. In ihnen sah Steinway die einzigartige Möglichkeit zur Motorisierung des riesigen Landes. Große Innovationen wurden damals nicht selten auf Weltausstellungen enthüllt. Hier lieferten sich die USA und Europa ein hartes Wettrennen. Wurde auf der Expo 1876 in Philadelphia das erste Telefon gezeigt, gab es 1893 in Chicago auf der Weltausstellung erstmals Reisverschluss, Riesenrad und Geschirrspülmaschine zu bestaunen. Gottlieb Daimler ließ auf der Weltmesse am Lake Michigan eine modifizierte Version des Stahlradwagens zeigen. Das Vehikel gilt als das erste betriebsfähige Automobil der USA. "Die Wagen, die wir für den amerikanischen Markt herzustellen beabsichtigen, werden 2 bis 4 Personen befördern können und von einem Motor von 2 ½ bis 3 ½ PS angetrieben werden. Jeder Wagen wird vier verschiedene Geschwindigkeitsgänge aufweisen: 3 ½, 6, 9 und 14 Meilen pro Stunde", erklärte William Steinway 1895 in einem Interview, "der Treibstoff, nämlich Petroleum, kostet etwa einen Cent pro PS und Stunde, was erheblich billiger als Pferdekraft ist." Daimlers Stahlradwagen hielt er "für das hiesige Kopfsteinpflaster und die unebenen Straßen zu leicht gebaut", weshalb die Daimler Motor Company ein Modell entwickeln und bauen wollte, das "den amerikanischen Verhältnissen angepasst ist". Doch Steinway stirbt im November 1896 und seine Erben verkaufen ihren Anteil der Daimler Motor Company schnell an die General Electric Company. Von 1898 an heißt der Fertigungsbetrieb Manufacturing Company und 1904 wird daraus mit Firmensitz in Long Island City, die Daimler Manufacturing Company, deren Fertigung später nach Astoria umzieht. American Mercedes sollen die Autos heißen, die die USA zumindest an der Ostküste mobilmachen sollen.
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- Veröffentlicht: 15. März 2017