Neben dem finanziellen Graus wäre zum einen noch seine äußerst gewöhnungsbedürftige Gasan- beziehungsweise -wegnahme-Reaktion zu bemängeln. Wird der Fuß vom rechten Pedal genommen scheint der kleine Japaner sich noch ein letztes Mal aufbäumen zu wollen. An dieser Stelle heißt es aufpassen. Eine andere Unart hat er von seinen Brüdern vererbt bekommen. Es hört auf den Namen Continuously Variable Transmission, kurz CVT und steht für ein stufenloses Getriebe, das schon Fahrer eines Juke zur Weißglut getrieben hat. Ansonsten bietet er vieles, was Nissan-Kunden in Europa in ihren Neuwagen auch vorfinden. Die 360 Grad-Kamera macht das Einparken zum Computerspiel mit Sicht von oben und zusätzlicher Heckkamera. Im Armaturenbrett lässt sich die linke Anzeigenseite großflächig konfigurieren. Eindrucksvoll wirkt hier der digitale Drehzahlmesser. Warum der Drehzahlmesser bei einem Automatikgetriebe ohne Schaltwippen oder andere manuellen Eingriffsmöglichkeiten zur Verfügung steht macht Sinn, da ein manuelles Fünfgang-Getriebe nachgeschoben werden soll.
Auf dem Weg nach Europa?
Ein Getriebe, das die 114 brasilianischen PS aus dem 1,6 Liter großen Benzinmotor an die Vorderräder weiterleitet. Brasilianische PS darum, weil in den meisten der 80 weiteren Ländern, in denen der Kicks erhältlich sein wird, knapp 120 PS unter Motorhaube entfesselt werden. Der Grund liegt darin, dass Brasilien der mittlerweile zweitgrößte Produzent von Ethanol ist. Und wer schon am Zuckerhut wohnt und Zucker abbaut, der kann auch mit Zucker, sprich Flexi-Fuel im Tank fahren. Dass der reale Verbrauch sich bei rund acht Litern einzupendeln vermag, ist bei einem Ethanol-Benzin-Preis in Höhe von aktuell 77 Euro-Cent zu verschmerzen. Normales Benzin ist mit 1,02 Euro satte 25 Cent teurer. Die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 120 Kilometern pro Stunde spielt dem Verbrauch sogar noch in die Karten. Den Normverbrauch von 4,6 Litern auf 100 Kilometern wird er aber auch bei Bergabfahrten nur schwer realisieren können. Und wer jetzt glaubt, dass ein 1,6 Liter kleiner Motor keinen Krach machen kann, der wird im Kicks eines Besseren belehrt. Zumindest dann, wenn dem 174 Kilometer pro Stunde schnellen die Sporen gegeben werden, feuert das CVT-Getriebe aus allen Rohren, um den 1.142 Kilogramm schweren Nissan vom Fleck zu bekommen. Aus dem Stand soll der Sprint bis Tempo 100 in zwölf Sekunden möglich sein. Angesichts der Straßenverhältnisse in Südamerika ist von solch einem Wahnsinns-Sprint jedoch abzuraten.
Auf den engen und holprigen Straßen Brasiliens zeigt der Nissan Kicks, dass er mehr kann als nur gut ausschauen. Seine Lenkung macht das, was von ihr verlangt wird. Nicht zu schwammig und nicht zu sportlich lässt sich der Kicks durch enge Kurven pilotieren. Beim Geradeauslauf erlaubt sich der Plattformbruder des Nissan Note und Micra zwar geringe Abweichungen, doch verhält es sich hier wie mit der Pünktlichkeit der Brasilianer: Sie wird zähneknirschend toleriert. Die Federung wirkt selbst bei groben Schlaglöchern vertretbar. Insgesamt wirkt er sogar eine Spur komfortabler gedämpft als seine europäischen Verwandten. Auch die Kopffreiheit ist selbst für großgewachsene Fahrer überraschend großzügig bemessen. Die Verarbeitung der Materialien bietet ebenfalls keinen Grund zum Meckern. Alles in allem bleibt zu wünschen, dass der heiße Brasilianer vielleicht doch irgendwann mal seinen Weg gen Europa antreten wird.
Fotos: Nissan
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- Geschrieben von marcel-sommer
- Veröffentlicht: 18. August 2016