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Besser als Kalifornien
Carsten Breitfeld vergleicht sich gerne mit dem legendären Apple-Gründer Steve Jobs und will die Automobilität genauso revolutionieren, wie das Unternehmen aus Cupertino die Informationstechnologie. Im Interview schwärmt der Byton-Chef vom Wirtschaftsstandort China und sieht seine Firma bei einem Aspekt schon an der Weltspitze.

Besser als Kalifornien

Dr. Carsten Breitfeld: Vergleicht sich gerne mit dem legendären Apple-Chef Steve Jobs (Foto: Hersteller)

Carsten Breitfeld vergleicht sich gerne mit dem legendären Apple-Gründer Steve Jobs und will die Automobilität genauso revolutionieren, wie das Unternehmen aus Cupertino die Informationstechnologie. Im Interview schwärmt der Byton-Chef vom Wirtschaftsstandort China und sieht seine Firma bei einem Aspekt schon an der Weltspitze.

Frage: Vor rund einem halben Jahr haben Sie auf derCES in Las Vegas die erste Studie des SUVs vorgestellt, wie lief es seitdem?

 

Dr. Carsten Breitfeld: Sehr gut. Überall, wo wir das Fahrzeugvorgestellt haben, haben wir großen Zuspruch erhalten. Deswegen sind wirziemlich sicher, dass das Auto gut auf dem Markt ankommt. Immerhin haben wirschon 20.000 Vorbestellungen, davon etwa die Hälfte in China und die beidenanderen Märkte sind die USA und Europa.

 

 

Frage: Dann haben Sie ja jetzt auch den Prototypeneiner Limousine vorgestellt, wie seriennah ist denn der?

 

Breitfeld: Wir müssen uns jetzt erst einmal auf dasSUV konzentrieren. Das Konzeptauto der Limousine steht auf der gleichenPlattform, wie das SUV und ist etwa fünf Zentimeter länger. Das heißt, das Autokönnten wir so bauen und wenn Sie sich die Details anschauen, die Fugenverläufe,dann finden Sie da nichts, was sich so nicht industrialisieren ließe. Aber wirhaben bislang noch keine Entscheidung getroffen, wann wir das Auto bauen. Einewichtige Botschaft bei diesem Auto ist, dass wir für uns in Anspruch nehmen,beim Design führend zu sein, da verstecken wir uns vor niemanden, auch vorkeinem etablierten Premiumhersteller. Unsere Formensprache ist modern undgleichzeitig massentauglich.

 

 

Frage: Sie wollen mit dem SUV Ende des nächstenJahres in Serie gehen. Einen Prototypen hinzustellen ist eine Sache, ein Autoein Großserie zu fertigen eine andere. Wer hat den bei Ihnen die Produktionskompetenz?

 

Breitfeld: Wir haben mit Mark Duchesne einenProduktionsexperten, der zuvor bei Tesla und 17 Jahre bei Toyota tätig war unddort das Toyota Manufacturing-System von der Pike auf gelernt hat. Dazu kommtnoch ein Team von Industrialisierungsspezialisten. Der riesen Unterschied zudem, was Tesla macht, liegt darin, dass wir bei der Fertigung nichts Neueserfinden, sondern wir nutzen die Prozesse der Automobilproduktion, wie sieheute betrieben wird. Anders als Tesla, die die Produktion komplettautomatisieren wollen, setzen wir auf Menschen, die im Gegensatz zu MaschinenToleranzen ausgleichen können.

 

 

Frage: Bei der Fertigung arbeiten Sie mit FAWzusammen, einem Staatskonzern, der auch mit VW kooperiert. Wie glücklich sindSie denn darüber?

 

Breitfeld: Sehr. In China kann Ihnen nichts Besserespassieren, als dass FAW in Ihre Firma investiert, denn damit beteiligt sichauch der Staat an Ihrem Unternehmen und damit sind Sie absolut die Nummer einsin China. Dieses Land macht gerade einen gigantischen Wandel durch. Mittlerweilelautet die Vorgabe, weg von "Wir sind die Produktionsstätte der ganzen Welt",hin zu "Wir machen Innovationen und Technologien für die Welt". Der Vorsitzendevon FAW, Xu Ping, hat erkannt, dass er, wenn er was bewegen will, Partner, dieTechnologien haben, die er nicht hat, braucht. Das hilft uns unglaublich, dennFAW hat politische Macht, Marktmacht für den Einkauf und vor allem besitzen sieProduktionslizenzen, die wir nicht haben.

 

 

Frage: Aber die können Sie doch auch so bekommen?

 

Breitfeld: In Zukunft wird es vermutlich deutlichschwerer werden, so eine Produktionslizenz zu bekommen, zum Beispiel müssen sienachweisen, dass Ihr Produkt am Markt erfolgreich ist. Das heißt, Sie müssenerst einmal ein paar Autos verkaufen, bevor Sie die Lizenz erhalten.

 

 

Frage: Damit geben Sie aber auch etwas Freiheit ab?

 

Breitfeld: Das sehe ich nicht so. FAW hat rund 250Millionen Dollar in unser Unternehmen investiert und bekommen dafür einenAnteil, der deutlich unter 20 Prozent liegt, damit haben sie keine wirklicheEinflussmöglichkeit. Allerdings will FAW mit uns eine strategischeZusammenarbeit eingehen. Ziel ist es, die eigene "Hongqi-Automarke so zurevitalisieren und auf ein internationales Level zu heben. Da gibt es eventuelldie Chance, dass FAW dazu unsere Technologien verwendet, um ein neues Auto zubauen.

 

 

Frage: So ganz nehme ich Ihnen das nicht ab. IhrKollege Jack Feng sagte gestern, dass ohne die Regierung wäre das alles nichtmöglich. Mit FAW kommt auch ein Stück weit die Regierung in Ihr Unternehmen unddamit die Möglichkeit der Einflussnahme und dass beeinträchtigt Sie in IhrerGestaltungsfreiheit?

 

Breitfeld: Das sehe ich anders. Ohne die Regierunggeht hier nicht, aber ich habe hier bisher nur Unterstützung bekommen. Ich habevor weniger als 18 Monate mit einem Regierungsmitglied in Nanjing getroffen undjetzt haben wir eine Vereinbarung über ein Werk von 1.2 Milliarden Dollar, wowir nur einen kleinen Teil dazu beisteuern müssen. Die Prototypen-Produktionläuft und im Oktober wird das gesamte Werk stehen. Zeigen Sie mir ein anderesLand der Erde, wo das möglich ist. Das erlebe ich nicht als Einschränkung,sondern als brutale Hilfe. Hier passieren die Dinge einfach schnell.

 

 

Frage: Besser als Kalifornien?

 

Breitfeld: Besser als Kalifornien! Der Vorteil vonKalifornien ist, dass dort die Mitarbeiter, die Talente, die man bekommt, umdas autonome Fahren und die künstliche Intelligenz zu realisieren, natürlichnoch besser sind. Aber der unternehmerische Rahmen, um neue Produkte auf denMarkt zu bringen, ist hier um Größenordnungen besser als in Europa und auchbesser als in Kalifornien. Sie werden sehen, die Technologien kommen auch nochhierher.

 

 

Frage: Da sind wir schon beim nächsten Thema: Siehaben angekündigt, in etwa vier Jahren autonomes Fahren Level 4 realisieren.Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel. Wie soll das klappen?

 

Breitfeld: Eigentlich wollen wir das sogar Ende 2020schaffen. Eine Frage ist doch, was meint man mit Level Vier? Wenn man dasüberall auf der Welt und unter allen Bedingungen realisieren will, dann sageich Ihnen hier und heute, dass das niemals passieren wird. Wenn ich heute aufder Autobahn bei heftigen Regen, starkem Schneefall unterwegs ist und man nurnoch zehn Meter weit sieht, halte ich an. Und da soll das Level-Vier-Auto weiterfahrenkönnen? Die gute Nachricht ist, dass wir das auch gar nicht brauchen. Unterspeziellen Randbedingungen, in Gegenden mit entsprechender Netzabdeckung undmit genügend Daten, wo das System auch die Zeit gehabt hat, zu lernen, kann dasmöglich sein. Ich nenne das ein Level 3.8-System. Das ist genau, das was wirvorhaben. Wir werden in Pilot-Gegenden in China und aller Voraussicht nach auchin Kalifornien ein Level Vier-nahes System darstellen.

Autor: Wolfgang Gomoll, Shanghai  Stand: 19.06.2018
Fotos:   

Überall, wo wir das Fahrzeug vorgestellt haben, haben wir großen Zuspruch erhalten (Foto: Hersteller)
Immerhin haben wir schon 20.000 Vorbestellungen, davon etwa die Hälfte in China und die beiden anderen Märkte sind die USA und Europa. (Foto: press-inform / Gomoll)
Byton K-Byte Concept: Das heißt, das Auto könnten wir so bauen und wenn Sie sich die Details anschauen, die Fugenverläufe, dann finden Sie da nichts, was sich so nicht industrialisieren ließe. Aber wir haben bislang noch keine Entscheidung getroffen, wann wir das Auto bauen. (Foto: press-inform / Byton)
(Foto: press-inform / Byton)
(Foto: Byton)

Autor: Wolfgang Gomoll, Shanghai  Stand: 19.06.2018
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