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Gleiten, wie ein Gebieter

So geht S-Klasse auf koreanisch: Chairman W Kaiser (Foto: press-inform / Ssangyong)

Bis zu 5,44 Meter lang und gut zwei Tonnen schwer: Der Chairman W Kaiser V8 hat nicht nur einen abgefahrenen Namen. Die Korea-S-Klasse ist außerdem noch richtig lässig. Gerade wegen seiner Unvollkommenheit.

Eine Mercedes S-Klasse mag moderner sein, ein BMW 7er dynamischer und ein Audi A8 feiner verarbeitet. Wer aber keine Allerwelts-Luxuslimousine fahren will, holt sich einen Chairman W Kaiser V8, und das am Besten in der "Summit Edition". Der Name sagt schon alles: Das Ssangyong-Flaggschiff ist das Statussymbol der Konzernlenker (Chairman), die zu einer Gipfelkonferenz (Summit) oder Vorstandssitzung unterwegs sind. Das "W" im Namen steht dabei vielsagend für "World Class". Die Kaiser-Edition ist die neueste Variante der Korea-S-Klasse. Was die Namensfindung angeht, sind die Ssangyong-Marketingstrategen schon mal ziemlich erfindungsreich.

Luftfederung von Continental

Majestätisch thronen die Ssangyong-Drachenflügel auf der Kühlerhaube und signalisieren den Kias und Hyundais unmissverständlich den Führungsanspruch des Chef-Mobils. Als Entscheidungsträger will man schließlich auch adäquat unterwegs sein. Angemessen bedeutet in erster Linie Platz: der Standard Chairman misst 5,14 Meter, die Langversion ist 30 Zentimeter länger. Im Innenraum spielen die Koreaner die Standard-Klaviatur eines Luxus-Mobils. Leder, viel Platz, Harman-Kardon-Infotainment mit TV-Empfang, ventilierte Sitze und eine zugfreie Mehrzonen-Klimaanlage. Selbst im dicksten Stau bleiben die Nasenschleimhäute der Passagiere verschont.


Die Luftfederung (kommt von Continental) an der Hinterachse garantiert ein geschmeidiges Abrollen. Im Chairman schwebt man dahin, Geschwindigkeit ist eine Größe, die mit jedem Meter an Bedeutung verliert. Doppelte Verbundglas-Scheiben halten den Umwelt-Lärm der quirligen Millionen Metropole Seoul von den Insassen ab. Wenn das dicke Glas einmal nicht ausreicht, hilft immer noch der satte Klang aus 17 Lautsprechern.

Kräftige Arme sind nötig

Wer dem herkömmlichen Autofahren derart weit entrückt ist, wie der Chairman, gibt sich nicht mit gewöhnlichen Gradmessern, wie Agilität und Längsdynamik ab. Die 306 PS des betagten Fünfliter-Mercedes-Motors (M 113 E50) reichen in Kombination mit der Siebengang-Automatik allemal, um auf Koreas Straßen, das Alphatier zu mimen. Bis auf 245 km/h wuchtet die Sternen-Power den Zwei-Tonnen-Kreuzer. Apropos Mercedes: "Die Plattform des aktuellen Chairman ist eine komplette Eigenentwicklung", betont Ssangyong-Chef Johng-Sik Choi. Dem Vorgänger sah man noch die enge Verwandtschaft zur E-Klasse der Baureihe W210 an. Diese Zeiten sind längst vorbei.

Der Fünfliter-Mercedes-Motors (M 113 E50) hat 306 PS (Foto: press-inform / Ssangyong)
Die Siebengang-Schaltung kommt ebenfalls von Mercedes (Foto: press-inform / Ssangyong)
Auf dem Kühlergrill thront das Ssangyong-Drachenflügel-Emblem (Foto: press-inform / Ssangyong)
(Foto: press-inform / Ssangyong)
(Foto: press-inform / Ssangyong)
(Foto: press-inform / Ssangyong)

Als Chauffeur eines Chairman W Kaiser V8 braucht man kräftige Arme und scharfe Augen. Bis sich der koreanische Luxus-Kreuzer in die Kurve legt, ist ein deutlich größerer Lenkeinschlag nötig, als bei anderen Oberklasse-Modellen. Also müssen enge Ecken ganz genau anvisiert werden.


Der barocke Platz-da-jetzt-komme-ich-Status-Kreuzer hatte vor allem in China und in Russland einige Fans. Mit einem Preis von mindestens 5.5310.000 koreanischen Won (rund 42.110 Euro) und 109.880.000 Won / 83.651 Euro für die Topversion ist der Pomp halbwegs erschwinglich. Zudem sind die Zeiten für Luxus-Automobil-Herstellbauer in den beiden Ländern härter geworden. Deswegen verkauft Ssangyong momentan nur noch 1.500 Exemplare des Chairman. Die Planungen für die nächste Generation laufen bereits auf Hochtouren. "Es ist denkbar, dass der nächste Chairman ein Crossover wird", schmunzelt Johng-Sik Choi vielsagend. Damit würden die Koreaner VW folgen, die den Phaeton ebenfalls auf dem Crossover-Altar geopfert haben. Das Design dürfte sich auch verändern - der Ssangyong-Eigentümer Mahindra hat sich die Formen-Spezialisten von Pininfarina einverleibt.

(Foto: press-inform / Ssangyong)
(Foto: press-inform / Ssangyong)
(Foto: press-inform / Ssangyong)
(Foto: press-inform / Ssangyong)
(Foto: press-inform / Ssangyong)
(Foto: press-inform / Ssangyong)

 

 

 

Autor: Wolfgang Gomoll, Seoul / Pyeongtaek  Stand: 15.06.2016
Fotos: press-inform / Ssangyong