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Gegen den Mirai

Der Honda FCV Clarity kommt nächstes Jahr auf den Markt (Foto: press-inform / Honda)

Auf der Tokyo Motor Show glänzt Hondas Brennstoffzellen-Fahrzeug FCV Clarity erstmals im hellen Scheinwerfer-Licht. Wir sagen, wie sich der japanische Saubermann fährt.

Wenn es launige Namenskreationen gehrt, sind die Japaner selten vorne dabei. Lange machte Honda ein großes Geheimnis um den Namen ihres neuen Brennstoffzellen-Autos. Auf der Tokyo Motorshow 2015 war es dann so weit: und - Überraschung, Überraschung - das Saubermobil heißt FCV (Fuel Cell Vehicle) Clarity. Nicht wirklich neu und unerwartet, da das vorherige Honda Brennstoffzellen-Vehikel 2007 auf den Namen FCX Clarity getauft wurde. Jetzt also FCV Clarity. Die Klarheit, die der englische Name impliziert, liefern die Honda-Ingenieure dann bei den ersten Testfahrten auch bei der Zielsetzung: "Wir haben uns am Toyota Mirai orientiert und wollen ihn in möglichst vielen Bereichen übertreffen."

Stufe im Kofferraum

Für einen Japaner sind das schon sehr deutliche Worte. Jetzt muss das Auto nur noch die Ankündigungen umsetzen. Beim Platz haben die Honda-Techniker den Mund auf jeden Fall nicht zu voll genommen. Vorne und hinten sitzt man im FCV bequem mit viel Platz vor den Knien und über dem Kopf. Vor allem im Fond. Und das, obwohl zwei große Carbon-Tanks unter der Rückbank über fünf Kilogramm Wasserstoff fassen. Das reicht locker für 500 Kilometer, verrät ein Ingenieur und wenn alles glatt läuft. Honda spricht sogar von 700 Kilometern.


Dass auch japanische Techniker nicht zaubern können, sieht man, wenn die Kofferraumklappe aufschwingt und einen verwinkelten Raum mit einer deutlichen Stufe offenbart. Von der Maßeinheit des Luxusfahrers, den Golfbags, sollen drei in das Gepäckabteil passen. Also steht einem Wochenendausflug nichts im Weg. Nur wenn alle fünf Sitzplätze belegt sind, könnte die Ladekapazität nicht ausreichen. Dass die überhaupt so groß ist, liegt an einem anderen Kniff: Den Hondas ist es nämlich gelungen, das Volumen der Brennstoffzelle um fast ein Drittel gegenüber dem Vorgänger zu verringern. Zusammen mit dem Elektromotor passt der Stromgeber jetzt unter die Motorhaube und wiegt nicht mehr als ein konventioneller Sechszylinder-Motor.

Maximal 177 PS

Dieser Kunstgriff zieht einen ganzen Rattenschwanz an positiven Effekten nach sich. Aufgrund des geringeren Gewichts auf der Vorderachse fällt die Abstimmung des Autos leichter und die Ingenieure können auf bekannte Daten zurückgreifen. Dass der neue FCV Clarity immer noch gut 1,8 Tonnen wiegt, steht auf einem anderen Blatt. Außerdem schafften es die Japaner den Anteil an teuren Materialien, die für die Brennstoffzelle nötig sind, signifikant zu reduzieren. Das drückt auch die Kosten: "Der FCV Clarity wird 7,66 Millionen Yen kosten", verkündete Honda-Chef Takahiro Hachigo höchstpersönlich. Das sind rund 57.000 Euro. Durchaus eine Hausnummer, wenn man bedenkt, dass ein Brennstoffzellen-Auto noch vor ein paar Jahren mehrere Hunderttausend Euros gekostet hat. Bleibt nur noch der Blick auf den japanischen Konkurrenten. Der Toyota Mirai kostet aktuell 79.000 Euro.

Das Brennstoffzellen-Auto hat maximal 177 PS (Foto: press-inform / Honda)
Das Cockpit ist konventionell gestaltet (Foto: press-inform / Honda)
Im Kofferraum schlägt sich der Platzbedarf der Carbon-Tanks nieder (Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)

Auch bei der Leistung hat der Honda die Nase vorn: Mit 130 kW / 177 PS Spitzenleistung schlägt der Honda den Heim-Konkurrenten um gut 20 Pferdestärken, allerdings schafft die Batterie dauerhaft nur 100 kW, was 136 PS entspricht. Aber für einen entscheidenden Zwischenspurt reicht es auf alle Fälle. Dass der Clarity ausreichend Reserven hat, merkt man von Anfang an. Der Tritt auf das Gaspedal hat elektromobiltypisch gleich mächtigen Vortrieb zur Folge. Aber jenseits der 100 Km/h geht dem Japaner so langsam die Puste aus. Auch Kurven nimmt der FCV Clarity mit großer Ambition. Doch die Limousine kommt zuerst nach Japan und Kalifornien; da ist Komfort angesagt. Den bietet der Brennstoffzellen-Stromer auch naturgemäß bei der Geräuschentwicklung, die hauptsächlich vom Fahrtwind und dem Abrollgeräusch der Reifen stammt.


Nach dem gewaltigen Antritt, folgt die automobile Normalität. Der FCV Clarity lässt sich wie jedes herkömmliche Auto bewegen. Die schicke sportliche Silhouette setzt sich im Innenraum fort: Große Bildschirme, Applikationen, die an Holz erinnern sollen und sogar ein Head-Up-Display gibt es in dem Brennstoffzellen Auto. Die komfortable Abstimmung resultiert in einem leichten Wanken in den Kurven, dafür packen die Bremsen, inklusive der Verzögerung durch den Motor knackig zu und lassen den Beifahrer freundlich nicken. Sobald man aber sich an das Zusammenspiel zwischen Pedal und Rekuperation gewöhnt hat, laufen die Bremsvorgänge geschmeidiger ab. Im nächsten Jahr ist der FCV Clarity dann zu haben. Die ersten 200 gehen aber an öffentliche Institutionen und dann dauert es noch etwa ein Jahr, ehe Privatleute den zukunftsträchtigen Stromer leasen können. Da hat dann doch zum Schluss Toyota die Nase vorne, die mehr Mirai auf die Straße bringen wollen.

(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)

 

 

 

Autor: Wolfgang Gomoll, Tochigi  Stand: 28.10.2015
Fotos: press-inform / Honda