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Bayrische Gene

Genesis G 80 3.3 T Sport AWD - soll in zwei Jahren auch nach Europa kommen (Foto: Genesis)

Hyundai hat in Südkorea und den USA mit Genesis längst seinen eigenen Luxusableger gelauncht. Der G80 kämpft sportlich nachgeschärft gegen die deutsche Premiumkonkurrenz aus 5er BMW und Mercedes E-Klasse.

Die Gegner könnten härter kaum sein. Das Markentrio aus BMW, Audi und Mercedes gilt mehr denn je auch in den USA und Asien als das Maß der Dinge. Das gilt insbesondere für die Oberklasse, denn hier weht ein besonders heißer Wind. Der BMW 5er wurde jüngst neu aufgelegt und ist kaum schwächer als der klassenhöhere 7er. Nicht viel anders sieht es bei Mercedes aus. Nicht nur in Sachen Fahrerassistenz und Komfort steht die E-Klasse der höheren S-Klasse oder der Konkurrenz aus München in kaum etwas nach. Und Audi? Der neue A8 würde jüngst vorgestellt und nach ihm werden bis Ende 2018 die kleineren Brüder A7 und A6 nachkommen. Dann gibt es da noch Modelle wie Jaguar XF, Volvo S90 oder Cadillac CTS - alles keine leichten Gegner. Hört sich an, als ob eine Bezirksligamannschaft auswärts gegen den FC Barcelona antreten muss.

Fünf Meter lang mit deutschen Genen

Ganz so ist es beim Genesis G80 dann aber doch nicht. In Südkorea ist Genesis als Nobelmarke des Hyundai-Konzerns längst eine große Nummer. Mittlerweile treten die Koreaner mit dem schicken Doppelpack aus G80 und G90 auch in den USA an - mit beachtlichem Erfolg. Doch was hat das Oberklassemodell G80 im Vergleich zur internationalen und deutsch dominierten Konkurrenz überhaupt zu bieten? Unter der Federführung des Entwicklungsvorstands Alfred Biermann, ehemals in Diensten der M GmbH von BMW, wurde der Konkurrent von 5er BMW, Audi A6 und Mercedes E-Klasse gerade erst sportlich nachgeschärft. Der Genesis G80 3.3 T Sport soll dabei nicht nur die bekannten Asien-Tugenden wie Reisekomfort und Geräuschdämmung bieten, sondern auch dynamisch den Wettbewerb suchen.


Optisch muss sich der 4,99 Meter lange Genesis G80 zumindest von außen nicht verstecken. Peter Schreyer, seit mehr als einem Jahrzehnt für das Erscheinungsbild von zunächst Kia und dann dem gesamten Hyundai-Konzern verantwortlich, zeigt, dass eine sportliche Oberklasselimousine nicht aus deutschen Landen kommen muss. Die Fahrgastzelle ist weit nach hinten gerückt, die Proportionen stimmen und die Dachlinie geht flach über die Heckscheibe in die Kofferraumklappe über. So wirkt der G80 gerade von der Seite wie eine schicke Mischung aus viertürigem Coupé und Fließhecklimousine. Der Gitterkühlergrill der Sportversion reckt sich düster in den Fahrwind, während das Heck mit seinen schmalen LED-Bändern etwas beliebig wirkt. Der G80-Sport hält seine Kraft dezent im Hintergrund. Abgesehen von den vier Endrohren im Audi-S-Styling ist dem G80 3.3 T Sport seine Leistungsreserven kaum anzusehen.

V6- und V8-Motoren

Der Innenraum ist wertig, jedoch wenig innovativ. Schalter, Anzeigen und Bedienelemente könnten auch aus einer Oberklasselimousine stammen, die schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Die Instrumente sind nicht animiert, die Anzahl der Schalter über dem linken Knie oder auf der Mittelkonsole ist üppig und gerade die Bedienung von Multifunktionsbildschirm, Klimatisierung oder Soundsystem wirkt allzu betagt. Im Gegensatz dazu gibt es bequeme und umfangreich verstellbare Komfortsitze - mit edlem Leder bespannt und natürlich umfangreich zu klimatisieren. Zentralen Lüftungsdüsen und eckiger Analoguhr kommt jedoch eine allzu große Bedeutung zu. Die Komfort- und Sicherheitsfunktionen stehen denen der deutschen Konkurrenz in kaum etwas nach. So gibt im Rahmen der Komplettausstattung unter anderem zahlreiche Fahrerassistenzsysteme oder ein Head-Up-Display. Viel Platz gibt es nicht nur vorn, sondern Dank 3,01 Metern Radstand auch im Fond, wo sich die abfallende Dachlinie selbst bei groß gewachsenen Insassen kaum bemerkbar macht. Der Kofferraum schluckt etwas zu geringe 434 Liter.

Genesis G 80 3.3 T Sport AWD - 250 km/h schnell (Foto: Genesis)
Das Cockpit des Genesis G 80 3.3 T Sport AWD (Foto: Genesis)
Genesis G 80 3.3 T Sport AWD - viele Leder und viel Platz (Foto: Genesis)
(Foto: Genesis)
(Foto: Genesis)
(Foto: Genesis)

Blasse Vierzylinder, wie sie längst bei der deutschen Konkurrenz Einzug gehalten haben, braucht man im Südkoreaner nicht zu erwarten. Sein V6-Motor holt Dank doppelter Turboaufladung 272 kW / 370 PS und 510 Nm Drehmoment zwischen 1.300 und 4.500 U/min und lässt gegenüber dem Topmodell mit seinem Fünfliter-V8 und 420 PS kaum etwas vermissen. Der Normverbrauch: 11,5 Liter pro 100 Kilometern im US-Zyklus.


Der Motor hält sich akustisch dabei überraschend dezent im Hintergrund. Egal, in welchem Fahrmodus man unterwegs ist, die fünf Meter lange Oberklasselimousine mimt eher den sportlichen Gleiter als die Fahrmaschine mit maximaler Längs- und Querdynamik. Dabei macht sich der optionale Allradantrieb (2.500 Dollar Aufpreis) insbesondere bei ambitionierter Gangart angenehm bemerkbar. Gerade aus schnellen Kurvenkombinationen bringt der 2,1 Tonnen schwere Asiate seine üppigen 370 PS deutlich besser auf die Straße als die mindestens 55.250 Dollar teure Variante mit Hinterradantrieb. "Die Motorleistung wird bei normaler Fahrt nahezu komplett an die Hinterachse gebracht", erläutert der Cheftechniker Alfred Biermann, "bei Bedarf gehen bis zu 50 Prozent der Motorleistung an die Vorderachse."

(Foto: Genesis)
(Foto: Genesis)
(Foto: Genesis)
(Foto: Genesis)
(Foto: Genesis)
(Foto: Genesis)

Das soll zusätzliche Sicherheit und gleichzeitig Fahrspaß bringen. Jedoch schiebt der G80 3.3 T Sport AWD im Grenzbereich deutlich über die Vorderräder. Hier machen sich die mehr als 2,1 Tonnen Leergewicht unangenehm bemerkbar. Die Lenkung ist dabei präzise und komfortabel wie man sich dies von einem Modell dieser Fahrzeugklasse wünscht. Etwas mehr Agilität könnte die Hinterachse, die ebenso wie die Vorderachse eine Fünflenkerkonstruktion in sich trägt, zumindest bei schnellem Handling jedoch allemal vertragen. Das Triebwerk und die mit ihm entsprechend verzahnte Achtgangautomatik lassen sich jedoch niemals außer Ruhe bringen. Wer bei schneller Kurvenfahrt über die Schaltpaddel am Lenkrad in die Gangwahl eingreifen will, kann dies tun. Einen realen Grund dafür gibt es außerhalb der Motorbremse in kleinen Gängen nicht. Auch wenn der Genesis G80 mit seiner souveränen Leistung und viel Tatendrang aus niedrigen Drehzahlen ein Sportler sein will; er ist es nicht. Er ist souverän, kraftvoll und nicht zuletzt werden seiner Mischbereifung mit 245er Reifen vorn und breiteren 275er 19-Zoll-Pneus hinten allemal dynamisch. Doch eine Sportversion fährt sich trotz 250 km/h Spitze und 0 auf 100 in kaum mehr als fünf Sekunden gerade in der Premiumliga anders. Dazu reicht das Nachschärfen des bekannten Genesis G80 - wahlweise mit 3,8-Liter-V6 oder 5,0-Liter-V8 - dann doch nicht aus.

 

 

Autor: Stefan Grundhoff, Namyang  Stand: 03.08.2017
Fotos: Genesis