Rasende Physikstunde
Eine Fahrt im neuen BMW M6 GT3 gleicht einer Schulstunde in einer rasenden Zwangsjacke.
Die Lebens-To Do-Liste eines Mannes ist lang - auch ohne die nichtjugendfreien Passagen. Zu den größten Dingen zählt in so manchem Leben der Traum einmal ein echtes Rennauto über eine Rennstrecke zu pilotieren. Natürlich mit allem Drum und Dran. Sprich Rennanzug, Datenanalyse und ordentlich viel Dampf unter der Haube. Wer über ausreichende Geldmittel verfügt, der kann sich nun diesen Traum selbst verwirklichen, indem er sich einen 451.010 Euro teuren BMW M6 GT3 in die Garage stellt. Warum nicht davor? Ganz einfach: Das neben dem Rolls-Royce Phantom teuerste Fahrzeug der BMW Gruppe ist ein reinrassiger Rennwagen ohne Straßenzulassung. Was nicht heißt, dass es keine Gleichteile zwischen ihm und dem Serien-Sportwagen gibt. Der 4,4 Liter große Achtzylinder in V-Formation basiert auf dem S63-Serienmotor und wurde nur leicht modifiziert. Bis zu 585 PS werden in seinen acht Brennkammern entfesselt und an die angetriebenen 18 Zöller unter dem beflügelten Heck geleitet. 125 Liter Treibstoff kann der unter 1.300 Kilogramm schwere Sportler mit sich führen. Bei 24 Stundenrennen ein nicht zu vernachlässigender Fakt. Das weiß auch BMW Motorsport Direktor Jens Marquardt: "Der BMW M6 GT3 ist der wirtschaftlichste GT-Sportwagen von BMW aller Zeiten: mit deutlich geringeren Einsatzkosten gegenüber dem Vorgänger BMW Z4 GT3 - und das bei gesteigerter Performance."
In sieben Sekunden evakuieren
Sollte sich auch ohne die Investition von gut einer halben Million Euro solch eine Gelegenheit dann irgendwann einmal im Leben tatsächlich ergeben, kann es dennoch passieren, dass sie so schnell wieder verfliegt wie sie gekommen ist. Denn ein Rennwagen ist nicht für jedermann gebaut. Oder anders formuliert: Wer zu groß, zu dick oder zu langsam ist, kommt hier nicht rein. Der Rennschalensitz eines Rennwagens verzeiht keine langjährigen Überdosen an Süßigkeiten, Grillgut und Bier. Wer seinen Hunger in den letzten Jahren besser im Griff hatte, wird seine erste Sitzprobe nicht mehr vergessen. Denn was die Augen im Inneren eines GT3-Boliden entdecken, muss erstmal verdaut werden. Da wäre zum einen das Lenkrad. Zehn Knöpfe und zwei Schaltwippen schreien förmlich nach Benutzung. Ob Traktionskontrolle, Scheibenwischer und sogar Scheibenheizung oder ein Schuss warmes, stilles Trinkwasser - hier lässt sich vieles verändern und noch mehr verstellen. Als wenn die Knöpfe am Lenkrad nicht schon genug wären, kommen noch eine 16 Schalter umfassende Schalttafel, drei Drehknöpfe, zwei Kippschalter, ein Feuerlöscher-Knopf und ein Start-Knopf hinzu. Letzterer kommt nicht nur bekannt vor. Er ist es auch. Denn der Knopf mit der Aufschrift Start Stop Engine ist neben dem Motor das gefühlt einzige Serienbauteil des BMW M6 GT3. Ein kurzer Check noch, ob der Bremsdruck in Höhe von 70 bar erreicht und die Erklärung, wie denn gleich das Monster zum Leben erweckt werden kann, treibt die ersten Schweißperlen auf die Stirn.
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- Geschrieben von marcel-sommer
- Veröffentlicht: 09. Juni 2016