Angetrieben wird der Rennwagen für die Straße vom bekannten McLaren-Standardtriebwerk. Der M838TL-Achtzylindermotor mit 3,8 Litern und Turboaufladung leistet zwischen Fahrgastzelle und Hinterachse verbaut überraschend dezent brabbelnde 675 PS und ein maximales Drehmoment von 700 Nm, das zwischen 5.500 und 6.000 U/min an der Kurbelwelle Wunder vollbringt. Noch spektakulärer als der Vortrieb ist die negative Beschleunigung des Doppelsitzers mit nach vorn und oben aufschwingenden Fledermaustüren. Bei der Beschleunigung 0 auf Tempo 100 in 2,9 Sekunden liegt der Bremsvorgang aus gleichem Tempo mit 3,0 Sekunden noch leicht hintenan. Rauben einem die Sprint 0 auf 200 km/h in 7,9 Sekunden und 0 auf 300 km/h in 22,5 Sekunden schier den Atem, ringt man beim Bremsvorgang rein physisch mit seinen irdischen Grenzen. Aus Tempo 200 bremst der Brite Dank Karbonscheiben in 4,5 Sekunden auf null ab. Selbst aus dem Tempo 300 sind es gerade einmal 6,89 Sekunden, bis der McLaren 675 LT zum Stillstand kommt - real schier unbeschreiblich. Bei harten Bremsmanövern drückt sich der ausfahrbare Heckspoiler zur Stabilisierung steil in den Wind und die Nackenhaare stellen sich noch mehr auf, als ohnehin schon. Den 675 LT zu bewegen, das sind Lustgefühle pur und dazu - durchaus überraschend - eine gehörige Portion Alltagsnutzen.
Beeindruckende Lenkung
Doch es sind nicht die realen Fahrwerte oder eine Höchstgeschwindigkeit von 330 km/h, was einen an der Grundwerten der ansonsten bevorzugt festgefahrenen Sportwagenwelt zweifeln lässt. Es ist schier die Leichtigkeit und das automobile Laissez Faire, mit der der 1.320 Kilogramm schwere Mittelmotorsportler die ihm gestellten Aufgaben erledigt. Der Restkomfort des Fahrwerks ist auf der Höhe eines Pagani und liegt deutlich über dem, was einem Doppelsitzer aus norditalienischer Produktion zumuten und mindestens so viel wie es ein Porsche 911 Turbo S oder ein Audi R8 bieten.
Seine Art Lenkbefehle umzusetzen ist schlicht perfekt. Leichtgängig und präzise mit grandioser Rückmeldung, sodass die Fahrt in der Innenstadt abgesehen vom untauglichen Wendekreis genauso ein Vergnügen ist, wie mit Dampf über britische Landstraßen zu rauschen und die immergrünen Landschaften nur so vorbeifliegen zu sehen. Nicht ganz perfekt präsentiert sich das siebenstufige Doppelkupplungsgetriebe, das sich im Automatikmodus bisweilen mit der Gangwahl schwer tut und gerade bei niedrigen Tempi einige Wünsche offen lässt. Nicht nur im britischen Galopp sollte man daher auf den manuellen Modus wechseln, der sich ebenso wie die Regelsysteme und das Fahrwerk vielstufig variieren lassen. Das ESP verrichtet nunmehr in drei Stufen - auf Wunsch auch mit langer Leine - seine Arbeit. Spoilerwerk und 20 Zoll große P Zeros aus dem Hause Pirelli drücken den Grenzbereich in Regionen, wo sich kaum ein erfahrener Sportwagenfahrer noch aufhalten sollte. Der Pilot fühlt sich dabei in den Schalensitzen überraschend bequem aufgehoben und die Sitzposition passt abgesehen von der zu starken Lehnenneigung zum restlichen Boliden: schlicht perfekt.
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- Veröffentlicht: 18. Juli 2015