Artgerechte Haltung
Der Audi R8 war technisch fast identisch mit dem Lamborghini Gallardo, hatte aber immer das Image des etwas spießigen und braven Bruders. Mit dem 610-PS-Top-Sportler Audi R8 V10 Plus. wollen die Ingolstädter jetzt den Spieß umdrehen. Wo könnte das besser gelingen als auf dem Cicuit de la Sarthe in Le Mans. Dort, wo ein Audi R8 schon Triumphe feierte.
Im Computer-Rennspiel "Gran Turismo" schaut alles so einfach aus. Da ist der "Circuit de Sarthe" nicht allzu herausfordernd. Doch im realen Leben hat der in der Abendsonne schimmernde Asphalt etwas Respekteinflössendes, genauso wie Kurven, die digital locker durcheilt werden. Vor allem, wenn hinter einem 610 PS aus zehn Zylindern schon im Leerlauf ungeduldig röcheln und quengeln, endlich von der Leine gelassen zu werden. So sei es denn. Für Spielereien bleibt keine Zeit. Schließlich ist das Qualifikationstraining zu den legendären 24 Stunden von Le Mans nur kurz unterbrochen und während dieser Zeit fordert der Audi R8 V10 Plus seinen Auslauf. Nach der Start-Ziel-Geraden kommt ziemlich schnell die Dunlop-Schikane und damit die erste Bewährungsprobe, da die Kurven-Kombination leicht nach außen hängt.
Der Audi R8 liegt wie ein Brett
Geschmeidig geht es durch das Geschlängel. Schon bei den ersten Metern wird deutlich, dass der Wechsel beim Allradantrieb von der Visco- zur Lamellenkupplung Gutes bringt. Im Vergleich zum bisweilen etwas störrischen Vorgänger lenkt der neue R8 deutlich freudiger ein und carvt souveräner mit einer leichten Übersteuerneigung durch die Kurve. Dabei hilft auch die mechanische Differenzialsperre an der Hinterachse. Wie heutzutage üblich, lässt sich auch der Ingolstädter Rochen in verschiedenen Stufen anschärfen. Aber selbst im Dynamik-Modus stellt die 610-PS-Rakete, die nach nur 3,2 Sekunden aus dem Stand die 100-km/h-Marke erreicht den Fahrer vor kein großes Problem. Dieser R8 ist berechenbar und überrascht den Piloten nicht mit Ausreißversuchen. Ohne Zweifel ein Tribut an die wachsende asiatische Kundschaft. Im Vergleich zum ungehobelteren Bruder Lamborghini Huracan, ist der Ingolstädter bei aller gewonnenen Agilität und Spritzigkeit immer noch kommoder. Eben für die "ich-könnte-wenn-ich-will"-Fraktion.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 11. Juni 2015