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Auf Knopfdruck Biest

Der Honda Civic Type R liegt satt in der Kurve (Foto: press-inform / Honda)

Der Honda Civic Type R gilt seit je her als kompromisslose Fahrmaschine. Die vierte Generation der japanischen Rakete wird diesen Vorschlusslorbeeren wieder voll gerecht.

Schön ist er nicht, der Honda Civic Type R. Muss er ja auch nicht sein. Schon in der zivilen Version polarisiert das Design des Nippon-Raumschiffs, ganz zu schweigen von dem extravaganten Aussehen der Sportversion Type R. Wer auf Understatement machen will, ist in dem japanischen Golf-Abfangjäger falsch aufgehoben. Die optische Präsenz des Honda Civic Type R ist so markant, dass Ford Fiestas verschreckt die Spur wechseln, wenn der automobile Samurai mit der Wucht von 310 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h von hinten heranfliegt. Hinter der grimmigen Front, verbirgt sich jede Menge Technik, die das Autofahren zum Vergnügen macht. Wie bei jeden Honda Civic Type R gilt die Maxime PS-Kraft und Drehzahl ergeben Fahrspaß. Das ist auch beim neuen Golf-R-Jäger nicht anders: Auch dieser Civic ist eine wahre Drehorgel. Erst bei 7.000 U/min beginnt der rote Bereich. Dank der Leuchtdioden, die sich links und rechts von der digitalen Geschwindigkeitsanzeige befinden, spielt der Drehzahlmesser nur eine untergeordnete Rolle: Wie in der Formel 1 sollte man in den nächsten Gang schalten, sobald es rot blinkt. Der Blick auf das Interieur lohnt eh kaum, weil das eine oder andere Hartplastikelement den Blick verstellt.

Drehorgel

Um die Fahrbarkeit zu verbessern, wenden die Honda-Ingenieure beim Motor mit Direkteinspritzung einige Kniffe an. Sie wenden den variablen Ventilhub (Vtec), der nur bei den Auslassventilen an und verknüpfen diese Technik mit einem kleinen Mono-Scroll-Turbolader, der über ein elektronisch gesteuertes Wastegate-Ventil verfügt und so den Ladedruck länger halten kann. Bei niedrigen Drehzahlen helfen lange Ventilhübe, um möglichst viel Abgasdruck an den Lader zu schicken und bei hohen Drehzahlen bewegen sich die Ventile nur wenig, damit der gute Füllgrad des Zylinders weiter gewährleistet ist. Das Resultat fällt aus, wie es sich ein jeder Civic Type-R-Fan wünscht. So richtig los geht es erst ab 3.000 Touren. Dann aber wird jeder Beschleunigungsvorgang zum echten Erlebnis. Der Civic Type R tritt mächtig an und atmet, schnorchelt inbrünstig und atmet bei jedem Gangwechsel geräuschvoll über das Wastegateventil aus. Das maximale Drehmoment von 400 Newtonmetern liegt bei 2.500 U/min an und so kann man das knapp 1.4-Tonnen schwere Raumschiff auch mal etwas entspannter bewegen. Ab etwa 4.500 U/min kommt dann noch der akustische Krawall des Kraftpakets unter der Motorhaube dazu.


Doch ein Civic Type R will gejagt werden, will die Zähne zeigen und sich mit allem, was er hat in den Asphalt krallen. Mit einem Druck auf den roten R-Knopf färben sich die Instrumente rot und signalisiert, dass man jetzt "im Kampfmodus ist", wie es Hisayuki Yagi, der Projektleiter des CivicType R bezeichnet. Kurz: Der wilde Civic mutiert zum absoluten Fahrbiest. Wie ein kampfeslustiger Samurai, spannt der Bolide in Sekundenbruchteilen seine Muskeln, um anzugreifen. Die variablen Dämpfer straffen sich, melden jede Fahrbahnunebenheit zuverlässig und die Gaspedalannahme und die Lenkung wird noch direkter. Ein schrägverzahntes Sperrdifferential sorgt vorne für Traktion unterstützt von einem erweiterten ESP, das mit Bremsengriffen den Civic um die Kurve zirkelt. "Mit dem Sperrdifferential waren wir auf der Nordschleife um fünf Sekunden schneller", erzählt Hisayuki Yagi. Dort wurde der Civic Type R fit für die europäischen Straßen gemacht. Das merkt man. Dem Primat der Agilität haben die Japaner mit einer Detailverliebtheit, die ihresgleichen sucht, alles untergeordnet. Angefangen von der Aerodynamik, bei der ein speziell geformter Heckflügel kombiniert mit einem fast durchgängig flachen Unterboden inklusive Diffusor für gehörigen Abtrieb sorgt.

Wahre Kurvengier

Die Gier, mit der der Honda auf jede Kurve zustürmt und diese, auf einer Linie wie mit einem scharfen Samurai-Schwert gezogen durcheilt, ist für ein frontgetriebenes Auto mehr als beachtlich. Draufhalten, nach einem Tritt auf das Bremspedal packen die Brembo-Bremsen beherzt zu, einlenken und wie vom Zirkel gezogen um das Eck. Früh aufs Gas und weiter geht die gnadenlose Hatz auf der Suche nach der nächsten Biegung. Der Grip ist einfach Wahnsinn, da kann sich auch ein Golf R warm anziehen, der GTI sowieso. Erst wenn man mit deutlichem Geschwindigkeitsüberschuss in eine Ecke feuert, scharrt der wieselflinke Honda mit den Vorderrädern. Die Lenkung ist straff und präzise zugleich. Zwar haben die Honda-Ingenieure die Lenkeinflüsse weitgehend mit Hilfe der Doppelachsen-Vorderradaufhängung, bei der Achsschenkel und Federbein voneinander getrennt sind, minimiert; ganz verschwunden sind sie nicht. Bei Sprints aus engen Kurven zerrt es durchaus am Volant.

Das Zwei-Liter-Kraftwerk generiert 310 PS (Foto: press-inform / Honda)
Der Heckflügel ist auffällig geformt (Foto: press-inform / Honda)
Das Interieur des Honda Civic Type R (Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)

Wer beim schnellen Kompakt-Honda ein Doppelkupplungsgetriebe erwartet, erntet von den Verantwortlichen nur ein müdes Lächeln, das japanisch-höflich ausdrückt, dass solche Kinkerlitzchen nur etwas für fahrerische Weicheier sind. Beim Civic Type R wird puristisch mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe geschalten. Dank der präzisen Schaltung mit extrem kurzen Wegen, mutiert jeder Gangwechsel zum Erlebnis, dass man es kaum mehr erwarten kann, die Hand wieder an den Knüppel zu legen. Knackig rastet die nächste Fahrstufe ein gefüllt vom inbrünstigen Klang des Motors - diese Sequenz macht süchtig.


Nach nur 5,7 Sekunden erreicht der Civic Type R die 100 km/h-Grenze und der Durchschnittsverbrauch hält sich mit 7,3 Liter pro 100 Kilometer angesichts der gebotenen Fahrleistungen auch in annehmbaren Grenzen. Eine Überraschung hat der Brutalo-Civic dann noch in petto: Mit einem Ladevolumen von 498 bis 1.214 Litern bei umgeklappten Rücksitzlehnen und bis zur Fensterunterkante gefüllt, kann die Fahrmaschine auch zum Großeinkauf genutzt werden. Ab Juli können sich die deutschen Type-R-Fans auf das Fahrerlebnis freuen. Mit einem Basispreis von 34.000 Euro ist der Spaß auch noch finanzierbar. Das optionale GT Paket kostet noch einmal 2.500 Euro extra ist aber jeden Cent wert, den es bietet einige Assistenzsysteme, wie zum Beispiel einen Toten-Winkel-Warner, der bei der mäßigen Rundumsicht, die der Type R bietet, durchaus hilfreich ist. Allerdings schaut man im Honda Civic Type R meistens nach vorne

(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)
(Foto: press-inform / Honda)

 

 

 

Autor: Wolfgang Gomoll, Bratislava  Stand: 02.06.2015
Fotos: press-inform / Honda