Der Volkswagen Konzern und Marktführer Mahindra unterzeichneten im vergangenen August einen Vertrag über die Lieferung von MEB-Elektrokomponenten für Mahindras neue Elektro-SUVs. Darüber hinaus loten beide Konzerne weitergehende Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Bereich der Elektromobilität aus. Hierbei soll es insbesondere um lokale Fahrzeugprojekte, Lade- und Energielösungen sowie Zellfertigung gehen. Vor Jahren war eine weitreichende Beteilung (19,9 Prozent) von Volkswagen an Suzuki gescheitert, mit der die Wolfsburger insbesondere auf dem indischen Kontinent landen wollten. Suzuki ist in Indien enger Kooperationspartner von Marktführer Maruti. Doch das Projekt platzte 2015 nach jahrelangem Rechtsstreit.
Auch Stellantis zieht es zunehmend nach Indien. Der Mehrmarkenkonzern mit Firmen wie Peugeot, Fiat, Opel, Citroen oder Jeep verspricht sich gerade bei den günstigen Marken ein gutes Geschäft. Aktuell gibt es lokale Fertigungen in Ranjangaon, Hosur und Thiruvallur, sowie zwei Entwicklungszentren in Chennai und Pune. Die Mitarbeiterzahl ist mit 3.000 für einen solch gigantischen Markt jedoch noch überschaubar. Citroen will mit einem lokal produzierten C3 auf dem aktuell drittgrößten Einzelmarkt der Welt neue Kunden anlocken. „Der neue C3 ist ein wesentlicher Bestandteil dieser internationalen Expansion und die erste Etappe der Wachstumsstrategie. Das weniger als vier Meter lange Fahrzeug zielt auf ein wichtiges Segment in Indien und Südamerika“, sagt Citroen-CEO Vincent Cobée, „modern, vernetzt und auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten, ist der neue C3 perfekt geeignet, um das Wachstum von Citroen zu unterstützen."
Bei vielen Autoherstellern gilt Indien seit Jahren als ebenso hoffnungsvoller Markt wie einst China – die sind mittlerweile unangefochten weltweit die Nummer eins. Der indische Markt wächst nach einem pandemiebedingten Absturz wieder – doch den von vielen erhofften Boom gab es bisher nicht. Besonders schwer tun sich dabei die Premiummarken aus Europa. BMW freute sich Anfang des Jahres über einen 35prozentigen Anstieg der Verkäufe auf knapp 12.000 Fahrzeuge – nicht viel für einen solch großen Markt und die Tatsache, dass im BMW-Werk Chennai mittlerweile 13 Modelle produziert werden. Neben dem 2er Gran Coupé werden in CKD-Fertigung unter anderem der 3er, 5er, 6er, 7er sowie X1, X3 / X4, X5 / X7 und Mini Countryman gefertigt, um die gigantischen Steuern für Importe zu umgehen. Bei Mercedes sieht es nicht viel anders aus. Der Stuttgarter Autobauer verkaufte 2022 knapp 16.000 Fahrzeuge – doch der Anstieg von stattlichen 41 Prozent hat seinen Grund in einem schlechten Vorjahr 2021. Damit liegt die Zahl auf dem gleichen Niveau wie 2017 oder 2018. 2020 brachte Mercedes mit seinem EQC sein erstes Elektromodell auf den Markt. Mittlerweile bieten die Schwaben zudem den AMG EQS 53, den EQB 300 und – lokal produziert – den Mercedes EQS 580 an. Aktuell mit einem Elektroanteil von unter drei Prozent. Doch die indische Vertriebsorganisation rechnet in den kommenden vier Jahren jedoch mit einer Vervielfachung auf bis zu 25 Prozent. Weil es mit dem Ladenetz hakt, hat Mercedes eine eigene Lösung gefunden. MB India bietet mit 140 AC- und einigen DC-Schnellladern das größte Schnellladenetzwerk für Luxusautos an. Nutzen können dies aktuell jedoch allein Mercedes-Kunden.
Porsche hat im vergangenen Jahr 779 Fahrzeuge verkauft – mit einem Elektroanteil von zehn Prozent. Elektroautos sind in Indien nach wie vor eine Seltenheit - kein Wunder, dass der quietschblaue Porsche Taycan auf den Straßen von Pune auffällt, wie ein bunter Hund. Kaum ein Roller oder eine Rikscha kommt auf den überfüllten Straßen der Fünf-Millionen-Metropole vorbei, ohne dass die Handykameras gezückt werden. Gerade junge Inder beugen sich beim Ampelstopp tief über das Stuttgarter Elektromobil, um ein Selfie zu machen. Der Preis des Taycan ist in Indien rund 2,5mal so hoch wie in seinem Produktionsland Deutschland – mindestens 13.200.000 Rupien plus entsprechende Steuern bedeuten umgerechnet rund 260.000 Euro. Geld genug ist trotz aller Armut jedoch vorhanden, denn der Subkontinent steht mit offiziell gemeldeten 166 Milliardären weltweit an dritter Stelle. Auch die Zahl der Personen mit einem Nettovermögen von 30 Millionen US Dollar oder mehr ist im Jahr 2021 um elf Prozent gestiegen; das höchste prozentuale Wachstum im asiatisch-pazifischen Raum.
Die Regierung will nicht nur die Luxuskunden in Elektroautos bringen und auch wenn die Fahrzeuge auf den Straßen immer jünger werden – die aktuelle Lebensdauer eines indischen Autos liegt bei neun bis zwölf Jahren. Immerhin soll sich das Zeitalter der Verbrenner-Tuk-Tuks dem Ende neigen und die belieben Beförderungsmittel ab 2026 nur noch mit Elektroantrieben unterwegs sein. Erste Modelle sieht man auch hier in den staubigen Innenstädten. Doch der Weg in die Elektromobilität wird länger als in vielen anderen asiatischen Staaten.
Fotos: press-inform / Porsche
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- Veröffentlicht: 21. Februar 2023