Gefallener Engel
Mercedes hat sich in den vergangenen Jahren alle Mühe gegeben, ihre Sportwagenikone SL ins hauseigene Abseits zu stellen. Die jüngste Modellpflege ist dünner denn je und doch bleibt der SL das, was schon immer war: konkurrenzlos.
Wenn ein Auto im Hause Mercedes über eine grandiose Historie verfügt, dass ist das der Sportwagenroadster Mercedes SL. Sein grazil-elegantes Design haben ihn seit den 50er Jahren zu einer fahrenden Legende werden lassen. Die einzelnen Modelle transportierten die Schönen und Reichen stilsicher und bei zumeist geöffnetem Dach für jeden weithin sichtbar durch die Lande. Nach seinem Ursprungsmodell W 198 II war der SL weniger ein Sportwagen, sondern eher eine souverän motorisierte Sonnenterrasse, die an der Cote d\'Azur ebenso zum Straßenbild gehörte wie in Grünwald oder den seichten Hügelketten von Beverly Hills.
Verwöhnte Kunden
Doch das sportlich elegante Aushängeschild der Marke Mercedes wurde in den 2000er Jahren zu einem gefallenen Engel. Der einstige Star war ohne echte weltweite Konkurrenz und mit bekannten Cruiserqualitäten hausintern auf einmal nicht mehr unantastbar. Mercedes wollte mehr Luxus, sich mit seinen Topmodellen zu höheren Sphären aufschwingen und insbesondere die S-Klasse zu eigenen Submarke machen. Neben alledem stand eine Verjüngung der Marke an; gepaart mit einer neu ausgerufenen Dynamik. Alles nichts, was dem SL, bekannt für seine ebenso betagte wie finanzstarke Kundschaft, in die Karten spielte. So wurde die erste Klappdach-Generation des R 230 nicht zu einem derart großen Wurf wie die Klassiker R 107 (1971 bis 1989) oder der seit 1989 produzierte R 129, der das Segment der Luxusroadster im Schatten der mächtigen W-140-S-Klasse neu definierte. Als mit Verspätung endlich der Nachfolger R 231 kam, war der Sprung zum R 230 dann noch kleiner. Das Design war nicht klassisch und die einst so wichtigen technischen Innovationen beschränkten sich vorrangig auf 150 Kilogramm Mindergewicht, ein neues Frontbass-System und Wischerblätter, aus denen das Wasser direkt an die Frontscheibe gebracht wurde.
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- Veröffentlicht: 25. Februar 2016