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Auf neuen Wegen

Toyota bZ4X 4x4 (Foto: Toyota)

Toyota steigt mit Verzögerung nunmehr auch ins große Elektrogeschäft ein. Der bZ4X hat nicht nur einen verwegenen Namen, sondern ist auch das erste von 30 emissionsfreien Fahrzeugen, die die Japaner bis 2030 auf den Markt bringen wollen.

Toyota hat einen Lauf - und was für einen. Während die meisten Autohersteller aktuell zwar Rekorderträge vermelden können, infolge der Chipkrise jedoch weniger Fahrzeuge als in den Jahren zuvor auf die Straßen brachten, sieht das bei den Japanern ganz anders aus. 10,49 Millionen ausgelieferte Fahrzeuge bedeuten nicht nur die unangefochtene Nummer eins auf dem Weltmarkt, sondern auch einen stattlichen Anstieg von zehn Prozent gegenüber 2020. Allein bei den Elektroautos spielt Toyota bisher nicht einmal in der zweiten Liga, denn hier geben unverändert Verbrenner und Hybriden den Ton an. Das soll sich mit dem neuen Elektrocrossover bZ4X ändern. Konzernchef Akio Toyoda kündigte eine Elektrooffensive an, bei der rund 38 Milliarden Euro für das Programm batterieelektrischer Fahrzeuge bereitgestellt werden; jedoch bis 2030 der gleiche Betrag in Hybrid-, Plug-in-Hybrid- und Brennstoffzellenfahrzeuge fließen sollen. Statt ehemals wie geplant zwei Millionen will Toyota bis zum Jahr 2030 mindestens 3,5 Millionen Elektrofahrzeuge produzieren will; davon eine Million unter der Marke Lexus.

Zunächst nur einphasig laden

Der wenig eingängige Name des Toyota bZ4X setzt sich aus den Initialen des Beyond Zero-Mottos (bZ), der Zahl 4 (Fahrzeuggröße ähnlich dem RAV4) und dem Buchstaben X zusammen, der sich auf die Crossover-Karosserie bezieht. Seine Hauptkonkurrenten sind zu Preisen ab 47.490 Euro der VW ID. 4 / Skoda Enyaq, das Doppelpack Kia EV6 / Hyundai Ioniq 5 oder ein Ford Mustang Mach-E. Es wird zum Marktstart zwei Hauptversionen des 4,69 Meter langen bZ4x geben: einen Fronttriebler mit 150 kW / 204 PS und einen Allradler mit 160 kW / 218 PS, der von zwei Zwillingsmotoren mit jeweils 109 PS angetrieben wird. Für den nötigen Stromfluss sorgt ein wassergekühlter 71,4-kWh-Lithium-Ionen-Akku, der flach im Fahrzeugboden verbaut ist. Toyota gibt den Durchschnittsverbrauch in einem Spektrum von 15,9 bis 19,3 kWh an und Reichweiten zwischen 370 und 450 Kilometern, bevor es wieder an die Ladesäule geht.


Wie bei den Fahrzeugen auf dem modularen Elektrobaukasten des VW-Konzerns kann der Innenraum über eine Wärmepumpe klimatisiert werden, um den Einsatz der Batterie für diese Funktion zu vermeiden. Das Onboard-Ladegerät wird bei der Markteinführung im kommenden Sommer nur einphasig mit einer Leistung von sechs Kilowatt verfügbar sein. Das zeitgemäße 11-kW-Dreiphasen-Ladegerät folgt erst gegen Ende des Jahres. Das Gleichstrom-Schnellladen per CCS2 ist mit bis zu 150 kW möglich, wodurch 80 Prozent der Ladung innerhalb von 30 Minuten wieder in die Batterie eingespeist werden können.

Unübersichtliche Instrumente

Beim Design folgt der bZ4X der aktuellen Toyota-Linie mit zahlreichen Kanten, breiten Radhäusern und markigen Lichteinheiten. 2,85 Meter Radstand bedeuten 15 cm mehr als im vergleichbaren Massenmodell Toyota RAV4 und ein deutliches Plus im Innern des elektrischen Crossovers. Im Fond macht sich nicht nur der Längenzuwachs, sondern auch der fehlende Mitteltunnel bemerkbar, der den Füßen mehr Spielraum lässt. Die Kopffreiheit ist auch für Fondpassagiere bis zu einer Körpergröße von 1,90 m üppig, während das Kofferraumvolumen mit 452 Litern deutlich unter dem vieler Wettbewerber liegt. Der RAV4 fasst hinter der elektrischen Ladeklappe beispielsweise 520 bis 580 Liter. Das riesige Solardach bringt Licht in die Kabine und ist zudem in der Lage, Energie einzufangen, die in die Batterie geleitet wird. Nach Angaben der Toyota-Ingenieure kann dies bis zu 1.800 km zusätzlicher Reichweite im Jahr bringen - wenn die Sonne scheint.

Toyota bZ4X 4x4 (Foto: Toyota)
Toyota bZ4X 4x4 (Foto: Toyota)
Toyota bZ4X 4x4 (Foto: Toyota)
(Foto: Toyota)
(Foto: Toyota)
(Foto: Toyota)

Ähnlich gewöhnungsbedürftig wie die Bezeichnung des neuen Hoffnungsträgers präsentiert sich das Armaturenbrett - zumindest für den Fahrer. Denn dieser blickt auf ein nur sieben Zoll großes Digitaldisplay, das ähnlich wie bei Peugeot über dem Lenkrad angeordnet ist. Das Problem für manche Fahrer besteht darin, dass der obere Lenkradkranz einen Teil der Informationen auf dem Instrumentendisplay verdecken kann, was sie dazu zwingt, ihre bevorzugte Fahrposition zu verlassen. Und ein Head-Up-Display lässt sich durch diese Zwitterlösung ohnehin nicht ersetzen. Besser ist das zentrale 12,3-Zoll-Infotainment in der Mitte, das im Vergleich zu aktuellen Toyota-Fahrzeugen eine bessere Grafik und eine intuitivere Bedienung bietet. Der neue Drehknopf auf der Mittelkonsole steuert die Gangwahl und auf der rechten Seite lassen sich die verschiedenen Fahrmodi ansteuern. Deutliches Verbesserungspotenzial hat die Materialqualität, denn vieles ist aus billig wirkendem Hartplastik gefertigt. Zudem fühlt sich der Fahrer zwischen den übermäßig breiten Türverkleidungen und der aufdringlichen Mittelkonsole eingeklemmt; ganz im Gegensatz zu den meisten Elektroautos mit ihren breiten und freien vorderen Sitzreihen.


Die Fahrleistungen sind zufriedenstellend, auch wenn die Maximalleistung des rund zwei Tonnen schweren Toyota bZ4X 4x4 auf 160 kW / 218 PS begrenzt ist und somit kaum über dem des Fronttrieblers liegt. Die 160 km/h Höchstgeschwindigkeit sind ebenso wie bei so manchem Wettbewerber dagegen recht wenig, um alle Kunden zufriedenzustellen. Besser gefällt das maximale Drehmoment von 336 Nm, das auch dafür sorgt, dass der japanische Elektroallradler in 6,9 Sekunden von 0 auf Tempo 100 beschleunigt. Sowohl auf der Autobahn als auch auf den engen und kurvenreichen Straßen in den spanischen Bergen hinterließ der bZ4 einen guten dynamischen Eindruck in Bezug auf die Steifigkeit des Fahrwerks. Die seitlichen Karosseriebewegungen halten sich in Grenzen, ohne den Komfort auf schlechten Straßen allzu sehr zu beeinträchtigen. Ebenfalls überzeugend: die wohl dosierbare Bremse. Es gibt jedoch nur eine Rekuperationsstufe und keine Lenkradpaddel. In der Realität kaum relevant, aber nicht nur für die Positionierung nicht unwichtig: auch im leichten Gelände konnte der Toyota bZ4X 4x4 zu überzeugen. Die Bodenhaftung auf Schotter ist hervorragend und wenn sich die Straßenverhältnisse verschlechtern, zeigt der Elektrojapaner, dass er selbst mit tiefem Schlamm zurechtkommt. Hilfreich hierfür die rund 30 cm Bodenfreiheit und eine Wattiefe von 50 cm. Mal schauen, ob der Toyota bZ4X das Potenzial zu einem neuen RAV4 hat.

(Foto: Toyota)
(Foto: Toyota)
(Foto: Toyota)
(Foto: Toyota)
(Foto: Toyota)
(Foto: Toyota)

 

 

 

Autor: Joaquim Oliveira, Barcelona  Stand: 23.02.2022
Fotos: Toyota