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Normalität kehrt ein

Präsentation Tesla Model X 2012 (Foto: Sommer)

Tesla scheint von der Normalität eingeholt zu werden. Der schöne Schein ist verschwunden; der Reiz des Neuen verblasst. Wohin fährt der Elektropionier?

Es ist ruhig geworden um Tesla Motors. Die vergangenen Automessen hatte Elon Musk, Automobilmessias aus dem Silicon Valley, nicht viel Neues zu bieten. Eine technisch dünne Aufwertung des erfolgreichen Model S mit Allradantrieb und mehr Motorleistung ließ selbst viele Tesla-Jünger mit der Stirn runzeln und das vor zwei Jahren vorgestellte Model X, ein Allrad-Crossover mit Fond-Flügeltüren, wurde kurzerhand einige Monate nach hinten verschoben. Zudem verkaufte nicht nur Daimler seinen Anteil an Tesla Motors für mehr als 780 Millionen Euro und steckte sich einen satten Gewinn in die Tasche. Auch Toyota, vor Jahren ebenfalls mit 50 Millionen bei dem Elektropionier eingestiegen, veräußerte große Teile seines 2010er-Aktienpakets. Selbst wenn beide Aktienverkäufe aus finanzieller Sicht nachvollziehbar sind, ist das Zeichen für Tesla durchaus alarmierend.

Model S als grünes Feigenblatt

Der sinkende Ölpreis hat dabei weiteren Einfluss auf die schwierige Lage für Tesla. Experten sind sich einig, dass das Vier-Jahres-Tief von Rohöl nur eine Momentaufnahme sein dürfte und der Preis sich wieder nach oben entwickelt. Doch angesichts der großen Erdölreserven, die in den vergangenen Jahren gefunden wurden und den neuen Möglichkeiten durch Fracking (hydraulic fractioning) scheint der große Druck aus dem Ölgeschäft für die nächsten Jahre erst einmal heraus zu sein. Gerade in den USA ist Tanken billig wie seit Jahren nicht. Die Gallone Kraftstoff (3,8 Liter) kostet in vielen Staaten weniger drei Dollar; ein Liter Benzin ist damit günstiger als der Liter Milch.


Zudem hatten sich viele Kunden ein Tesla Model S weniger aus elektrisch-alternativer Grundüberzeugung gekauft, sondern weil es endlich ein visuell erkennbares Ökoaushängeschild gab, dass im automobilen Luxussegment unterwegs war. Gerade im grünen Bundesstaat Kalifornien mit seinen strengen Abgasvorschriften fahren viele einen Toyota Prius, den nur kurz verfügbaren Hybrid-Fisker oder eben nun das Tesla Model S neben einer Flotte von Lamborghini Gallardo, Range Rover und Mercedes S-Klassen. Schließlich will man sein grünes Gewissen nur allzu gerne Nachbarn und Freunden mitteilen, die sich ebenfalls allzu gerne einen BMW i3, Toyota Prius oder gar BMW i8 in die Einfahrt stellen.

Model X verzögert sich

Tesla-Chef Elon Musk gilt als Perfektionist und eben als einer, der sein ganzes Augenmerk bereits seit Jahren nicht mehr auf die Tesla-Idee richtet. Er pendelt regelmäßig zwischen dem Firmensitz in Palo Alto, der Produktion in Fremont und dem südlicher gelegenen Los Angeles, wo er sich mit Space X der bezahlbaren Weltraumfahrt für jedermann widmet. Was Tesla trotz seines 43jährigen Firmenchefs, der von vielen als neuer Steve Jobs gehypt wird, ebenso wenig wie der Konkurrenz gelingt, ist es junge Leute für das Thema Auto zu begeistern. Wer in Newport Beach, Beverly Hills oder einer IT-Region wie Palo Alto am südlichen Ende der San Francisco Bay einen Blick in die Schar der umhersurrenden Model-S-Modelle wirft, sieht jene Kunden, die sonst eben auch deutsche Luxuslimousinen bewegen. Das dürfte nur zum Teil am hohen Einstiegspreis liegen, denn auch im Sonnenstaat Kalifornien kostet das Model S mindestens 71.000 US-Dollar; die neue Version mit Allradantrieb und 700 PS liegt bei 105.000 Dollar. Bleibt abzuwarten, ob es Tesla mit anderen Modellen gelingt, jüngere Kundschaft außerhalb des Premiumsegments zu locken.

Tesla-Chef Elon Musk (Foto: Sommer)
Tesla Supercharger an deutschen Autobahnen (Foto: press-inform)
Tesla Store in Pekinger Luxusmall (Foto: press-inform / Tesla)
(Foto: Tesla Motors)
(Foto: press-inform)
(Foto: Tesla Motors)

Das dürfte mit dem Flügeltür-SUV Model X kaum zu machen sein und es bleibt abzuwarten, ob dies mit dem geplanten Mittelklassemodell realisiert werden kann, das für 2016 auf dem Plan steht. "Es geht um ein großartiges Elektroauto, das sich die Leute auch leisten können. Zielgröße ist ein Preis von 35.000 Dollar", unterstreicht Elon Musk. Doch nachdem das Model X nach hinten verschoben wurde, ist bereits zu vernehmen, dass 2016 für das Mittelklassemodell, das 20 Prozent kleiner das das Model S wird, nicht zu halten sei. Es dürfte es erst 2017 zu den Kunden schaffen. "Wir wollen pro Woche von jedem Modell 800 Fahrzeuge produzieren", blickt Musk in die Zukunft, "vielleicht auch ein paar mehr." Vom Model S sollen in dem auslaufenden Jahr 2014 rund 33.000 Fahrzeuge verkauft werden. Musk will mehr; stößt jedoch mit seiner Produktionsanlage in Freemont immer wieder an Grenzen, die kostenintensiv verschoben werden müssen. Daher schmerzt der Ausstieg von Imagemarken wie Daimler und Toyota nicht nur wegen der Außenwirkung, sondern insbesondere auch finanziell.


Elon Musk und seine Firma Tesla tun sich bei bezahlbaren Reichweiten, die den Kunden Sicherheit für den Alltag geben, ebenso schwer wie die etablierten Hersteller. Unter 300 Kilometern ist nichts zu machen; besser sollten es 400 oder mehr sein. In Sachen Gewicht, Packaging und Kosten in einem Mittelklasseauto noch schwerer zu realisieren als in einer Luxuslimousine oder dem mittelfristig ebenfalls geplanten Pick Up. Tesla ist in der Realität der Autobauer angekommen, wo die immer kürzer werdenden Produktzyklen und der hohe Entwicklungsaufwand hunderte von Millionen verschlingen. Und der Charme neu und anders zu sein, ist mit einem Tesla längst vorbei. Dringend werden daher neue Modelle und innovative Lösungen gesucht.

(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: Hersteller)
(Foto: press-inform)

Und auch Tesla weiß, dass ein Autohersteller zukünftig um enge Kooperationen mit branchenfremden Konzernen wie Google oder Apple kaum herumkommen wird. Diese IT-Firmen haben das neue Machtmittel in der Hand, das längst die moderne Welt regiert: Nutzerdaten. Da ist die Position von Tesla kaum besser als die von BMW, Toyota, GM, Mercedes oder Volkswagen. Immerhin muss Elon Musk nicht über die milliardenschweren CO2-Hürden springen, die der Autoindustrie seit Jahren in den Weg gestellt werden. Doch dass reine Elektrofahrzeuge die Autowelt regieren, ist in den nächsten Jahrzehnten kaum zu erwarten. Die Plug-In-Hybriden dürften ggf. mehr werden, als eine kurze Übergangstechnologie. Und hier hat Tesla nichts zu bieten.

 

 

Autor: Stefan Grundhoff  Stand: 01.12.2014
Fotos: Sommer