Drucken

Die Karten werden neu gemischt
Die Elektrooffensive in der Autoindustrie nimmt immer mehr Fahrt auf und das meiste Spektakel ist bei den Mittelklasse-SUV zu erwarten. Hier gibt es zwei besonders interessante Wettbewerber, die familiäre Kunden locken sollen.

Die Karten werden neu gemischt

Vergleichstest Audi Q4 - Ford Mustang Mach-E (Foto: press-inform)

Die Elektrooffensive in der Autoindustrie nimmt immer mehr Fahrt auf und das meiste Spektakel ist bei den Mittelklasse-SUV zu erwarten. Hier gibt es zwei besonders interessante Wettbewerber, die familiäre Kunden locken sollen.

Eine Sache mag überraschen: im Alltag sorgt der 258 kW / 351 PS starke Ford Mustang Mach-E, der mit dem legendären Sportcoupé namens Mustang kaum etwas außer dem Namen gemein hat, deutlich mehr auf als der edle, aber zurückhaltende Audi Q4 mit seinen 220 kW / 299 PS. Der Ford ist deutlich größer (4,71 m, 13 cm länger als der Audi), die Höhe ist mit fast 1,60 Metern nahezu identisch und auch bei der Breite hat der Mustang ein Plus von zwei Zentimetern. Der Q4 bietet vier Zentimeter mehr Bodenfreiheit. Was wirklich überrascht, ist der große Unterschied beim Radstand, wo der Ford stattliche 22 Zentimeter mehr offeriert.

Audi mit mehr Qualität im Innern

Wir haben es daher mit zwei SUVs zu tun, die perfekt für vier Personen und eingeschränkt für fünf Personen geeignet sind, denn obwohl die Fondpassagiere weniger Platz als die Insassen in der ersten Reihe haben, macht sich der fehlende Kardantunnel durchaus angenehm bemerkbar. Die Kopffreiheit ist in beiden Modellen großzügig, denn selbst Personen, die 1,90 Meter messen, können vernünftig sitzen. Mit Hilfe eines Maßbandes stellen wir fest, dass der Ford vorne und hinten bei ähnlicher Höhe zwei Zentimeter mehr Schulterfreiheit und der Audi mit 81 hinten vier Zentimeter mehr als der Mustang bietet; ein ziemlicher Schock, wenn man bedenkt, dass der Mustang zwischen den Achsen viel länger ist. Und obwohl deutlich kürzer: der Audi Q4 hat mit 520 gegen 402 Litern einen spürbar größeren Kofferraum, was der Amerikaner nur leidlich durch seinen Frontladeraum mit einem Volumen von 81 Litern auszugleichen versucht. Dafür hat der vordere Kofferraum des Ford funktionelle Vorteile: Während man im Audi alle Koffer entnehmen muss, um an die Ladekabel unter dem Ladeboden zu gelangen, genügt es im Mach-E, die Motorhaube zu öffnen.


Das Armaturenbrett des Audi präsentiert sich wenig überraschend deutlich edler und schicker als das des Ford Mach-E. Beim Ford sieht es so aus, als ob jemand ein riesiges Tablet in die Mitte des Armaturenbretts geschraubt hat und dann kein Budget mehr hatte, um eine vollständige Instrumententafel zu entwickeln. Beim Q4 fühlt sich der Fahrer auch deshalb stärker eingebunden, weil das zentrale 10,25-Zoll-Display zu ihm hin geneigt ist, während der 15-Zoll-Bildschirm des Mustang neutral in der Mitte positioniert ist. Im Q4 befinden sich unterhalb dieses Bildschirms die Bedienelemente für die Klimaanlage und darunter, zwischen den beiden Sitzen ein offener Bereich, in dem sich der Wählschalter für den Fahrmodus, die Gangwahl sowie die Lautstärke befinden. Hinter dem Mustang-Steuer befindet sich eine schmale und wenig konfigurierbare Digital-Instrumentierung, die ihr Aussehen je nach angewähltem Fahrmodus ändert. Es gibt jedoch keinen Individual-Modus, der es dem Fahrer erlaubt, innerhalb der einzelnen Modi verschiedene Einstellungen zu konfigurieren (z.B. Sportlenkung mit komfortabler Federung) und es ist nicht möglich, die Menge der beim Bremsen zurückgewonnenen Energie zu visualisieren. Zudem zeichnet sich der Audi Q4 durch sein fortschrittliches Head-Up-Display mit Augmented-Reality-Details aus, die der amerikanische Konkurrent nicht einmal gegen Aufpreis bietet.

Ford mit mehr Reichweite

Beide Elektro-SUV beschleunigen aus nahezu jedem Tempo mehr als imposant, jedoch ist ihre Höchstgeschwindigkeit jeweils auf 180 km/h begrenzt. Deutlich imposanter ist der Imagesprint 0 auf Tempo 100, den der Audi (460 Nm maximales Drehmoment) in 6,7 Sekunden und der Mach-E Dank 580 Nm in exzellenten 5,1 Sekunden erledigt. Hier hat der jeweilige Allradantrieb einen nennenswerten Anteil daran, dass die beiden 2,2 Tonnen schweren Crossover ihre Motorleistung derart standesgemäß in Vortrieb umwandeln.

Vergleichstest Audi Q4 - Ford Mustang Mach-E (Foto: press-inform)
Vergleichstest Audi Q4 - Ford Mustang Mach-E (Foto: press-inform)
Vergleichstest Audi Q4 - Ford Mustang Mach-E (Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)

Position und Gewicht der Batterien zwischen den Antriebsachsen tragen nennenswert zur Verbesserung der dynamischen Stabilität bei, indem sie den Schwerpunkt senken und gleichzeitig zu einer ausgewogenen Massenverteilung beitragen. Das ändert jedoch nichts daran, dass das sehr hohe Fahrzeuggewicht gerade bei Kurvenfahrt zu spüren ist. Nur einiges davon lässt sich durch die adaptiven Elektronikdämpfer überspielen, die der Ford im Gegensatz zum Audi nur in seiner kommenden GT-Topversion bieten wird. Beide Konkurrenten verfügen über Einzelradaufhängungen an allen vier Rädern (inkl. Mehrlenker hinten) und drücken Bodenunebenheiten dezent in den Hintergrund. Mit seiner geringeren Bodenfreiheit (14,5 gegenüber 18 Zentimeter beim Audi) weist der Mustang gerade im Grenzbereich eine höhere Stabilität auf, die nicht zuletzt auf den niedrigeren Schwerpunkt und die größere Breite zurückzuführen ist. Während der Mustang Mach-E auf Reifen im Format 225/55 R19 rollt, bietet der Audi fahrdynamisch bevorteilte Mischräder (235/50 R20 vorn und 255/45 R20 hinten).


Das sind Unterschiede, die der Fahrer am Steuer spürt. Die Audi-Lenkung ist präziser und kommunikativer, während sich der Ford-Lenker synthetischer anfühlt, selbst wenn man in den Untamed-Fahrmodus wechselt. Apropos, die Fahrmodi sind im Mustang differenzierter, aber es gibt keine Anzeige im Armaturenbrett über den gewählten Modus, während man im Q4 ablesen kann, welcher Modus gewählt wurde. Bei beiden Modellen variiert die Drehmomentabgabe je nach gewähltem Modus, wobei in den sportlicheren Programmen mehr Power an die Hinterräder geschickt wird unterstützt von einem Torque-Vectoring-Effekt durch selektive Bremseingriffe, die letztendlich die Lenkung unterstützen und die Tendenz zum Untersteuern verringern. Der Mach-E lässt sich deutlich sportlicher bewegen, wenn man im Untamed-Modus unterwegs ist. Dazu verfügt der 351 PS starke Ford über drei Energierückgewinnungsstufen, von denen die stärkste das One-Pedal-Feeling ermöglicht und man das linke Pedal nahezu vergessen kann. Die einzelnen Rekuperationsstufen werden über das zentrale Display definiert, wo zudem die elektronische Simulation des Klangs eines Benzinmotors eingestellt werden kann. Auch der Audi Q4 bietet entsprechende Modi, einen für den Ein-Pedal-Betrieb.

(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)

Im Vergleichstest treten die beiden aktuellen Topmodelle gegeneinander an, die mehr Leistung und ein Plus an Reichweite bieten. Mit seiner größeren Batterie (88 gegenüber 77 kWh) ist es nicht verwunderlich, dass der Mustang mit einer vollen Ladung mehr Kilometer zurücklegen kann: Offiziell werden 540 Kilometer versprochen (486 im Falle des Audi), aber bei diesem Test waren die nachgewiesenen Entfernungen kürzer. So schaffte der Ford 460, während der Audi Q4 nach 383 Kilometern wieder an die Ladesäule musste. Dabei kann der Mustang mit bis zu 150 Kilowatt an einer Schnellladesäule nachtanken, während der Q4 E-Tron nicht über 125 kW hinauskommt. Bei Wechselstrom ist die maximale Ladeleistung bei beiden Modellen gleich (elf Kilowatt dreiphasig / sieben Kilowatt einphasig). Bei Gleichstrom reichen zehn Minuten mit den jeweiligen Maximalströmen aus, um die Reichweite des Audi auf 130 und die des Ford auf 119 Kilometer zu erhöhen. Bei der normalen AC-Ladung mit elf Kilowatt dauert es in beiden Fällen mehr als sieben / acht Stunden für eine vollständige Ladung.

Der Einstiegspreis des Audi Q4 e-tron 50 Quattro (200 kW / 299 PS für 53.600 Euro) ist deutlich niedriger als der des Ford Mustang Mach-E AWD Extended Range (258 kW / 351 PS für 63.700), was diesen Vergleichstest letztlich zu seinen Gunsten entscheidet. Zwar lässt die Serienausstattung des Ingolstädters einige schmerzhafte Lücken, die der Ford Mustang Mach-E bereits ab Werk füllt, doch seinen Performance-Vorteil kann der Amerikaner letztlich nicht komplett umsetzen. Der Ford glänzt mit mehr Reichweite und einer schnelleren Ladung, etwas besseren Fahrleistungen und einer sportlichen Ästhetik. Der Audi ist kaum langsamer und punktet mit seinem fortschrittlichen Innenraum, einer besseren Verarbeitung und einer etwas geräumigeren Kabine - für deutlich weniger Geld.

 

Autor: Joaquim Oliveira, Lissabon  Stand: 26.09.2021
Fotos: press-inform