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Stadtgeflüster
Der zweisitzige Smart erfand die Autowelt in den späten 1990er Jahren und scheiterte trotz seines innovativen Konzepts auf den meisten Märkten. Jetzt versuchen es einige Hersteller noch eine Klasse darunter und wollen speziell Fahranfänger ab 16 Jahren mit winzigen Elektroflitzer ködern.

Stadtgeflüster

Eli Zero (Foto: Eli Electric)

Der zweisitzige Smart erfand die Autowelt in den späten 1990er Jahren und scheiterte trotz seines innovativen Konzepts auf den meisten Märkten. Jetzt versuchen es einige Hersteller noch eine Klasse darunter und wollen speziell Fahranfänger ab 16 Jahren mit winzigen Elektroflitzer ködern.

Als Citroen vor mehr als einem Jahr seinen elektrischen Zauberwürfel Ami vorstellte, war die Aufregung groß. Ein buntes Cityauto mit ungewöhnlichem Aussehen und Platz für zwei Personen, von einem kleinen Elektromotörchen angetrieben? So etwas rollt bisher fast nur auf den Straßen von Frankreich. Hier gibt es seit vielen Jahren einen kleinen Markt für die knatternden Cityflitzer, der von Herstellern wie Aixam dominiert wird. Jetzt also Citroen mit seinem Ami. Der leistet gerade einmal 6 kW / 8 PS und ist überschaubare 45 km/h schnell, da er sich mit einem sogenannten AM-Führerschein nebst Versicherungskennzeichen ab 16 Jahren bewegen lässt. Ein Motorroller auf vier Rädern. Auf deutschen Straßen ist von dem vermeintlichen Frauenversteher bisher kein Auto zu sehen. Ein Grund mag der opulente Preis sein, denn rund 7.000 Euro für einen 2,41 Meter langen Doppelsitzer, der mit seinem winzigen Akkupaket im Unterboden zu Sommerzeiten 75 Kilometer zurücklegen kann, ehe er wieder an die Ladesäule muss, sind keine Kleinigkeit.

Heiß im Sommer - kalt im Winter

Dafür gibt es bereits sehr ordentliche Gebrauchtwagen jeder Größe, die mehr als 45 km/h Höchstgeschwindigkeit fahren, sicher sind und eine Klimatisierung haben. Denn der nicht einmal 500 Kilogramm schwere Citroen Ami, der mit dem Opel Rocks-e nunmehr einen technischen und optischen Zwilling mit dem Blitz in der Front bekam, verfügt weder über eine echte Heizung (nur ein Gebläse, das die Akkutemperatur nutzt), noch eine Klimatisierung. Für warme Sommertage unangenehm heiß und im Winter eiskalt. Dass sich die Türen entgegengesetzt öffnen, ist ein witziges Detail, genau wie die Tatsache, dass die Überhänge und das ganze Auto symmetrisch sind. Allerdings ist die gegenläufig öffnende Tür auf der Fahrerseite nicht immer praktisch. Genauso wie die Tatsache, dass man zwei verschiedenen Schlüssel für den Ami braucht - einen zum Öffnen und einen für das Zündschloss. Aufgeladen werden Citroen Ami und Opel Rocks-e an der heimischen 220-Volt-Steckdose in drei Stunden.


Das Problem mit dem kalten Winter ohne Heizung kennt man bereits seit ein paar Jahren vom 2,33 Meter langen Renault Twizy, der der als 45er knapp über 11.000 Euro startet, jedoch zumindest in der stärkeren Variante mit 13 kW / 17 PS immerhin bis zu 80 km/h schnell ist und kein rollendes Verkehrshindernis darstellt. Im Twizy sitzt man hintereinander - zumindest wenn man unbedingt mit zwei Personen fahren will - und hat eine Reichweite von rund 90 Kilometern, ehe der Franzose wieder an die Steckdose muss. Das Basismodell des Renault Twizy 45 schafft mit seinem 7 kW / 10 PS starken Elektromotor jedoch ebenfalls nur Tempo 45. Immerhin gibt es im Zubehör Stecklösungen für die beiden Seitenverkleidungen, sodass man Wind und Kälte an den Flanken nicht schutzlos ausgeliefert wird.

Neuer Eli Zero

Etwas schicker wirkt da der neue Eli Zero, dessen Karosserie aus recycelbaren Materialien wie Polypropylen und Aluminium besteht, um das Gewicht zu senken und die Umweltbelastung zu minimieren. Marktstart für den Elektrowinzling soll im kommenden Frühjahr sein - überraschenderweise in den USA, wo Kleinstwagen bisher keine Chance hatten. Die Europaversion soll bei knapp 11.000 Euro starten und ist wie die Konkurrenten ebenfalls nur 45 km/h schnell. Marcus Li, CEO und Gründer von Eli Electric Vehicles: "Wir haben nun die Entwicklung des Eli Zero abgeschlossen und ihn in eine begrenzte Produktion gebracht, und die zusätzlichen Mittel, die wir über unsere Crowdfunding-Kampagne am 13. September sammeln, werden von unschätzbarem Wert sein, wenn wir die Produktion und den Aufbau unseres EU-Vertriebskanals vorantreiben."

Eli Zero (Foto: Eli Electric)
Opel Rocks-e (Foto: Stellantis)
Citroën Ami (Foto: press-inform / Citroën )
(Foto: Eli Electric)
(Foto: Renault)
(Foto: Eli Electric)

Das Batteriepaket mit einer Kapazität von 5,8 kWh soll eine Reichweite von 80 Kilometern ermöglichen. In zweieinhalb Stunden erstarkt das Akkupaket an einer 220-Volt-Steckdose wieder zu voller Leistung. Falls es mit den normalen Kunden hapern sollte, bietet der 2,25 Meter lange Eli Zero einen Modus an, ihn als Golfcart nutzen zu können. Im Gegensatz zu den Wettbewerbern können in dem chinesischen Amerikaner zwei Personen sitzen und Gepäck (160 Liter) oder gar eine dritte Person mitgenommen werden. Immerhin: es gibt Heizung und Klimaanlage an Bord. Warten wir es ab, ob sich die Elektrokleinstwagen auch in Europa ein sehr kleines Stück vom Elektrokuchen abschneiden können. Zumindest für einige Fahranfänger könnten sie ein Thema sein, denn mit dem AM-Führerschein kann man mit 16 Jahren ins Steuer greifen. Wenn nur die hohen Preise nicht wären.

Autor: Stefan Grundhoff  Stand: 24.09.2021
Fotos: Eli Electric  

(Foto: Eli Electric)
(Foto: Eli Electric)
(Foto: Stellantis)
(Foto: Renault)
(Foto: Eli Electric)
(Foto: press-inform / Citroën )