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Von schnell bis langsam
Die Elektrowelle kommt langsam ins Rollen und die Zahl elektrifizierter Autos nimmt von Monat zu Monat zu. Doch wie sieht es mit den Ladestationen aus? Kommt die Infrastruktur in Deutschland und Europa überhaupt hinterher?

Von schnell bis langsam

Ladesäulen in Deutschland (Foto: EnBW)

Die Elektrowelle kommt langsam ins Rollen und die Zahl elektrifizierter Autos nimmt von Monat zu Monat zu. Doch wie sieht es mit den Ladestationen aus? Kommt die Infrastruktur in Deutschland und Europa überhaupt hinterher?

Die Bundesnetzagentur hat zu Anfang März 35.076 Ladepunkte und 5.730 Schnellladestationen gemeldet. Nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW werden rund 80 Prozent dieser Ladepunkte von Unternehmen der Energiewirtschaft betrieben, die damit nicht nur den Ausbau der Ladeinfrastruktur antreiben, sondern auch die benötigten Netze, nebst zunehmend erneuerbaren Strom und etwaige Serviceleistungen bereitstellen. Damit ist die Zahl der Ladesäulen trotz anhaltender Corona Pandemie um rund zehn Prozent gewachsen. Derzeit ist immerhin jede siebte Ladesäule ein DC-Schnelllader, an dem mit Höchstgeschwindigkeit nachgetankt werden kann. Während die normalen Ladesäulen für Plug-In-Hybriden eine vernünftige Lösung sind, sieht das bei reinen Elektroautos anders aus, denn mit einer leeren Batterie wird es an einem solchen AC-Ladepunkt zäh und langwierig. Hier kommt man um eine Schnellladesäule nicht umhin, die derzeit Ladegeschwindigkeiten von 50 bis über 300 Kilowatt bieten.

Tankstellen geben Gas

Selbst Tankstellen haben den Trend der Zeit erkannt und bieten auf ihren Geländen zunehmend Schnellader oder gar Hypercharger an, mit denen das eigene Elektromobil in kurzer Zeit wieder erstarken kann. Hierbei soll in erster Linie die hohe Ladegeschwindigkeit locken, die sonst an öffentlichen Ladesäulen nicht immer zu finden ist. Bis Ende 2021 will Aral mit seiner Elektrosubmarke Pulse 500 Ladepunkte an über 120 Tankstellen aufbauen. Mit den 350-Kilowatt-Chargern wird das Nachladen dabei fast so schnell wie der normale Tankvorgang mit dem Verbrenner. "Unser E-Angebot nimmt Fahrt auf. Wir werden die Anzahl unserer Ladepunkte in diesem Jahr verfünffachen", berichtet Aral Vorstand Patrick Wendeler, "angesichts der steigenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen ist die Zeit reif, auch den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu beschleunigen." Ähnlich wie bei OMV liefen auch diese 100 Prozent Ökostrom und verfügen je nach Standort über eine Ladeleistung von bis zu 350 Kilowatt. Die entsprechende Akkutechnik vorausgesetzt, kann das Elektroauto innerhalb von zehn Minuten Strom für eine Reichweite von bis zu 350 Kilometern laden.


Auch der Tankstellenbetreiber Deutsche Tamoil will zusammen mit Kooperationspartner Allego in den nächsten Monaten weitere Schnellladesäulen an eigenen Tankstellen installieren. Während Fahrer eines Verbrennermodells an den normalen Zapfsäulen Sprit nachtanken, können wie bei Aral oder OMV Elektroautos mit bis zu 350 Kilowatt nachladen. Shell verfährt als einer von wenigen aktuell zweigleisig. Zum einen bieten die Hamburger synthetische Kraftstoffe an und offerieren so eine flüssige Alternative zu den normalen Kraftstoffen. Darüber hinaus finden sich am immer mehr großen Shell-Tankstellen auch Schnellladesäulen, die zusammen mit Partner EnBW betrieben werden. Im nächsten Schritt wollen zahlreiche Betreiber von Fastfood-Ketten und Supermärkten Ladesäulen aufstellen, damit die Kunden die Zeit von Verzehr oder Einkauf für das Nachladen nutzen können. Einige Geschäfte von McDonalds, Aldi oder Kaufland verfügen bereits über entsprechende Ladesäulen.

Private Ladeinfrastruktur

Mehrere Autohersteller gehören zum Ionity-Netz, das damit wirbt, an mehr als 300 Hauptverkehrsachsen seine Ladeparks in Betrieb zu haben. Derzeit sind 338 Stationen in Betrieb und 44 weitere im konkreten Aufbau. Durchschnittlich gibt es an einer Station sechs Schnellladepunkte und Ladegeschwindigkeiten von bis zu 350 Kilowatt. Wie viele andere auch in ganz Europa setzt Netzbetreiber Ionity auf den CCS-Stecker (Combined Charging System), der bei den meisten Fahrzeugen passt und für Wechselstrom (AC) und Gleichstrom (DC) verwendet werden kann. Ein anderer großer Anbieter ist EnBW. Das Ladenetz der Schwaben sowie der entsprechenden Partner ist das größte im deutschsprachigen Raum. Insgesamt gibt es in Europa mehr als 150.000 Ladepunkte, die an den einheitlichen Preis gebunden sind. Erst Ende März wurde das Ionity-Netz an das Netz von EnBW angebunden, was die Abrechnung für viele Fahrer eines Elektroautos deutlich erleichtert.

Ladesäule EnbW (Foto: EnBW)
Ladesäulen in Deutschland (Foto: press-inform)
Ladesäule EnbW (Foto: EnBW)
(Foto: Ionity)
(Foto: Ionity)
(Foto: Ionity)

Der Ausbau der privaten Ladeinfrastruktur geht je nach Region und lokalen Rahmenbedingungen eher zögerlich voran. Laut Bundesverkehrsministerium wurden seit Beginn des Förderprogramms für private Wallboxen Ende November 2020 mehr als 300.000 Förderanträge für Wallboxen gestellt. Daher wurde der Fördertopf von ursprünglich 200 Millionen auf jetzt 400 Millionen Euro aufgestockt. So sollen bis zum Sommer mehrere Hunderttausend zusätzlicher privater Ladepunkte entstehen. Aktuell sollen nach Angaben des Verkehrsministeriums neun von zehn Ladevorgängen zu Hause oder am Arbeitsplatz stattfinden.


Tesla setzt anders als die Autobauer auf ein eigenes Netz an Supercharger und das hat sich in den letzten Monaten in Europa ebenfalls deutlich erweitert. An 600 Standorten stehen nunmehr 6.039 Ladesäulen für eine flotte Weiterfahrt zur Verfügung. Der erste Supercharger wurde parallel zum europäischen Marktstart des Model S 2013 in Norwegen installiert und als das Model X 2016 folgte, gab es immerhin 1.267 Supercharger. Seitdem das Model 3 als Volumenfahrzeug eingeführt wurde, hat sich das Netz nochmals nennenswert vergrößert. Aus den 3.711 Ladesäulen im Jahre 2019 wurde nunmehr die 6.000er-Grenze geknackt. In Deutschland befinden sich aktuell mehr als 850 Supercharger an 84 Standorten.

(Foto: Ionity)
(Foto: Ionity)
(Foto: Ionity)
(Foto: Ionity)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)

Autor: Stefan Grundhoff  Stand: 07.04.2021
Fotos: EnBW