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So langsam wird es eng
Während viele Autobauer nicht zuletzt wegen der stabilen Nachfrage aus China noch ein Katastrophenjahr 2020 verhindern konnten, sieht das bei vielen Automobilzulieferern ganz anders aus. Hier wackeln selbst einige Riesen beträchtlich.

So langsam wird es eng

ZF will den Gürtel deutlich enger schnallen (Foto: Roland Berger)

Während viele Autobauer nicht zuletzt wegen der stabilen Nachfrage aus China noch ein Katastrophenjahr 2020 verhindern konnten, sieht das bei vielen Automobilzulieferern ganz anders aus. Hier wackeln selbst einige Riesen beträchtlich.

Dabei liegen die Gründe für die mächtigen Probleme vieler Autozulieferer nicht in der Pandemie allein. Bereits vorher standen viele Zulieferer der sogenannten Ebenen Tier-1 bis Tief-4 mächtig unter Druck. Themen wie Elektromobilität, autonomes Fahren und die immer größer werdende Digitalisierung des Autos ließen die Situation angespannter denn je sein. Der zunehmende technologische Wandel ließ feste Erlösketten explodieren und die sicheren Gewinnmargen sanken zu Boden. In diesen schweren Zeiten war die Corona-Pandemie ein Booster, nach dem keiner verlangt hatte. Nach Berechnungen der Beratungsfirma Roland Berger brechen die Umsätze im nunmehr auslaufenden Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 global durchschnittlich um 15 bis 20 Prozent ein. Die operative Gewinnmarge fiel im ersten Halbjahr auf gerade noch 1,7 Prozent. Wie stark die Pandemie die Automobilzulieferer trifft, zeigen die Ergebnisse der "Global Automotive Supplier Study 2020", die Roland Berger in Zusammenarbeit mit der US- Investmentbank Lazard erstellt hat. Für die Studie wurden Leistungsindikatoren von rund 600 global agierenden Zulieferern analysiert.

Bonität bröckelt

"Trotz schwieriger Rahmendaten zeichnet sich ein versöhnliches Jahresende ab. Die Automobilzulieferer können sich vor allem dank des schnellen Aufholprozesses in China finanziell stabilisieren", sagt Felix Mogge, Partner bei Roland Berger, "allerdings fehlt vielen Zulieferern nach dem Einbruch das Kapital für die notwendige technologische Transformation." Insgesamt wird der Corona-Schock die Automobilindustrie noch einige Jahre in Atem halten. So dürfte der Höchststand an weltweit verkauften Pkw aus dem Jahre 2017 mit 94,3 Millionen Fahrzeugen wohl frühestens wieder in 2026 erreicht werden. In den einst führenden Regionen Europa und in Nordamerika soll es noch länger dauern, während sich China als die weltweite Nummer eins und der Subkontinent Südamerika schneller erholen.


In Verbindung mit den rückläufigen Kennzahlen wirken sich diese Prognosen überaus schlecht auf die Bonität der Automobilzulieferer aus. "Wir konnten bereits 2019 beobachten, dass Banken bei der Kreditfinanzierung restriktiver werden", sagt Christof Söndermann, Managing Director bei Lazard, "in den vergangenen Monaten mussten sich viele Zulieferer mit der Abstufung ihrer Bonität am Finanzmarkt auseinandersetzen. Das hat den finanziellen Druck weiter erhöht." Die aktuelle Situation lässt sich durchaus mit der Finanzkrise in den Jahren 2008 / 2009 vergleichen. In der anschließenden Periode haben einige Automobilzulieferer überdurchschnittlich profitiert. "Wir haben vier allgemeingültige Merkmale identifiziert, die für den Erfolg nach der Finanzkrise entscheidend waren", unterstreicht Felix Mogge, "Zulieferer können sich daran orientieren und sich anhand klarer strategischer Vorgaben im Markt positionieren."

Folgen dauern Jahre

Ein Merkmal, das in den nächsten Jahren die Gewinner und Verlierer der Corona-Krise unterscheiden wird, ist die konsequente Markt- und Technologieführerschaft in dem entsprechenden Geschäftsfeld. Ein weiteres umfasst die strategische Kohärenz, die ein in sich schlüssiges Produktportfolio beinhaltet, das die Realisierung von Synergien erlaubt. Das dritte Merkmal ist das Erreichen einer kritischen Unternehmensgröße, um sich ausreichenden Zugang zum Kapitalmarkt zu sichern. Und schließlich zeichnen sich erfolgreiche Autozulieferer durch die konsequente Umsetzung der getroffenen Entscheidungen und eine leistungsorientierte Unternehmenskultur aus.

Automotive suppliers revenues peaked in 2018 and dropped steeply in the wake of Covid 19 (Foto: Roland Berger)
Schaeffler will bis Ende bis Ende 2022 4.400 Stellen abbauen (Foto: press-inform / Schaeffler)
ZF-CEO Wolf Henning Scheider gibt einen düsteren Ausblick (Foto: press-inform / ZF)
(Foto: press-inform / Bosch)
(Foto: press-inform / Mahle)
(Foto: Roland Berger)

Der technologische Wandel und die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie werden noch einige Jahre die Margen der Automobilzulieferer belasten. Felix Mogge: "Die Herausforderungen der kommenden Jahre werden viele Zulieferer strukturell überfordern. Wir werden in der Konsequenz eine stärkere Konsolidierung der Branche sehen." Um in diesem Umfeld weiter vorne mitzuspielen, müssen die oft allzu verkrusteten Automobilzulieferer ihr Geschäft neu ausrichten und gleichzeitig die Kosten deutlich reduzieren. Kein leichtes Unterfangen in der aktuellen Situation. "Der CEO eines Automobilzulieferers muss mit seinem Management-Team einen Drahtseilakt schaffen - auf der einen Seite Commodity-Aktivitäten konsequent restrukturieren oder sich davon trennen; auf der anderen Seite Risiken eingehen und mit intelligentem Kapitaleinsatz die Basis legen, um künftige Wachstumsfelder profitabel entwickeln zu können", sagt Christof Söndermann. "Deshalb erwarten wir verstärkt strategische Kooperationen, die schneller zu relevanter Marktgröße oder dem Zugang zu neuer Technologie verhelfen können." Man darf gespannt sein, wie sich die Situation in der Zuliefererbranche weiterentwickelt, denn der Kostendruck der Autohersteller nimmt zeitgleich zu - eine gefährliche Mischung.

Autor: Stefan Grundhoff, München  Stand: 21.12.2020
Fotos: Roland Berger  

(Foto: press-inform / Bosch)
(Foto: press-inform / Continental AG)
(Foto: Roland Berger)