Anders sieht es im Karosseriebau aus, denn hier wird kaum noch händisch gearbeitet. Die wenigen Arbeiter müssen keinen Mundschutz tragen, denn der Abstand ist groß genug. Durch die neuen Fertigungsanlagen, die für den elektrischen VW ID.3 montiert wurden, ist die Zahl Mitarbeiter am Standort generell gleichgeblieben. Im Karosseriebau selbst sind jedoch weniger Leute tätig, da gerade anstrengende Arbeiten wie das Auf- und Abladen von Seitenteilen mittlerweile automatisiert vonstattengeht und die Automatisierung von 85 auf rund 90 Prozent angehoben werden konnte. "Arbeiteten auf dieser Fertigungslinie mit ihren etwa 150 Metern Länge bis letztes Jahr noch 27 Personen", erläutert Koordinator Markus Becker, "so sind es nunmehr durch die neuen Maschinen nur noch neun. Dafür konnten wir die Personen nunmehr an anderer Stelle mit anspruchsvollerer Arbeit einsetzen."
Die Erwartungen an das Werk in Zwickau, das einen Produktionsverbund mit den Standorten in Chemnitz und Dresden als Volkswagen Sachsen bildet, sind höher denn je. Produzierte man im Jahr 2017 dort insgesamt 303.000 Fahrzeuge, so will man diese Zahl nach der Komplett-Transformation in eine Elektrofertigung bis 2022 noch übertreffen. Die beiden Fertigungslinien sollen ab nächstem Jahr 1.500 Fahrzeuge am Tag produzieren; vorrangig die beiden Elektromodelle VW ID.3 und ID.4. Entsprechend häufig kommen Verantwortliche von anderen Volkswagen-Standorten aus aller Welt, um sich die neue Elektrofertigung im Süden von Sachsen anzuschauen und wertvolle Anregungen für andere Anlagen in Chattanooga / USA, Mlada Boleslav / Tschechien oder Fusan / China mitzunehmen. Selbst die aktuell noch benötigten Trainingsräume gehen Ende des Jahres auf die Reise nach Tennessee zur Schulung der dortigen Mitarbeiter.
Doch erst einmal heißt es, die Corona Krise hinter sich zu bringen, denn die rund 70 Fahrzeuge, die nach Aussage von Holger Hollmann derzeit pro Schicht im Notmodus vom Band tröpfeln, reichen nicht aus, um den Stock der Fahrzeuge entsprechend der 37.000 Vorbestellungen zu füllen. Im Normalfall müsste allein die erste Produktionslinie im Halle fünf knapp 280 Fahrzeuge pro Schicht bringen. Doch keiner weiß, wie lange der Notmodus noch anhaltenden muss. So muss auch das Cockpit in den VW ID.3, an sich der ganze Stolz der neuen Fertigung, aktuell von zwei Personen manuell eingesetzt werden. An sich würde diese Arbeit erstmals vollautomatisiert ein Roboterarm von ABB erledigen. "Doch Fertigung und Montage erledigt eine Firma aus Spanien und die Experten durften durch Corona bisher nicht anreisen", grummelt Holger Hollmann, "ich hoffe, dass sie nächste Woche wieder kommen können, damit es weiter geht."
Fotos: Stephan Floss / Oliver Killig
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- Veröffentlicht: 06. Mai 2020