"Unsere Fertigung läuft gerade im 5,9er-Takt", erläutert Holger Hollmann, der für die Montagehalle des ID.3 verantwortlich ist, "langsamer können wir gar nicht arbeiten. Wir wollten die Taktzeit des ID.3 gerade von 1,8 auf 1,5 Minuten reduzieren, als Corona über uns kam." Seither lief in Zwickau erst einmal gar nichts und jetzt gibt seit kurzem ein Notbetrieb den Arbeitsrhythmus vor. Das heißt: mehr Abstand, andere Prozesse, nur noch zwei geänderte Schichten und ein maximal langsamer Takt. Die Corona Krise trifft die Autoindustrie nicht nur in der Fertigung hart; doch gerade im Werk Zwickau mit seinen 8.000 Beschäftigten gibt es eine besondere Drucksituation. Das Werk ist das erste, das von einem reinen Verbrennerwerk zu einer kompletten Elektrofertigung umgewandelt wird. Seit zwei Jahren wurden und werden Mitarbeiter aller Bereiche auf den Umstieg vorbereitet. Einst waren in Zwickau Trabbis gefertigt worden und zuletzt war die Produktion eine wichtige Ergänzungslokalität für die Kernmodelle Passat und Golf.
Blick nach vorn
Jetzt soll Zwickau nicht weniger als ein neues Zeitalter für den Konzern und insbesondere für deren Basismarke Volkswagen einläuten. Dass das unter den Rahmenbedingungen der anhaltenden Corona Krise nicht einfach ist, wird nicht zuletzt in der Kantine im Obergeschoss deutlich. Hier darf nur noch ein Bruchteil der normalen Belegschaft ihr Essen zeitgleich fassen. Muntere Gespräche und Frotzeleien zwischen Kollegen sind schwerer denn je. Die Tische sind maximal auseinandergezogen und zwischen den einzelnen Sitzplätzen gibt es mindestens 1,5 Meter Abstand. Noch schwieriger ist für viele, dass man sich nicht mehr gegenübersitzen darf, sondern nur noch eine Blickrichtung hat, um über Fußball, die Familie oder eben Corona zu plaudern.
In der Fertigungshalle fünf ist ebenfalls nichts wie immer. Zwar wird einem nicht wie am Eingang der Kantine von einem Mitarbeiter mit Mundschutz und Hygieneschürze sowie Handschuhen das Tablett einzeln angegeben, aber die Abstandsregelungen gelten natürlich auch hier. Wer sich wie zum Beispiel bei der Montage von Scheinwerfern oder Innenräumen nahe kommt, muss mit einem Mundschutz arbeiten und das ist während der stundenlangen Schicht alles andere als eine Freude. Immerhin erlaubt der langsame Takt eine Verlegung einiger Arbeiten an andere Stationen und somit können sich die Werker am Band zumindest etwas besser aus dem Weg gehen.
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- Veröffentlicht: 06. Mai 2020