Hört sich erst einmal nett an. Doch eine Etage tiefer im sogenannten Ride-Simulator zeigt sich, was das heißt. Man nimmt Platz auf einer voll beweglichen Insel, auf der zwei Ledersitze befestigt sind, die diesmal aus einem Mercedes GLE stammen. Kein Lenkrad, keine Pedale, sondern man soll mit dem Körper nur fühlen, wie sich das Auto auf den Testrecken bewegt. Angeschnallt, der Ride-Simulator drückt sich einen halben Meter nach oben und los geht die virtuelle Tour. Auf dem gigantischen Bildschirm geht es zunächst auf eine Komfortstrecke des neuen Testcenters in Immendingen, das vor einem Jahr eröffnet wurde. Ein paar hundert Meter mit Querfugen, Gullydeckel und einem Fahrbahnbelag, wie man ihn aus Europa kennt. Es kommen Wellen, Unebenheiten und wieder ein paar Unebenheiten. Das gleiche nochmals und noch einmal. Wiederholungen sind hier das A und O. Hier hoppelt es mehr, da weniger - der Ingenieur hinter dem Steuerpult weist darauf hin, dass die Fahrten vorhin nicht entspannt genug für einen Mercedes gewesen seien. Mal zu schwammig mit hohen Aufbaubewegungen mal zu stramm mit stößigen Anregungen. Die letzte Fahrt noch einmal - hier passt das Paket. Nicht zu stössig und nicht zu schwammig. So soll es sein, wenn es einen Stern tragen soll - egal, ob A- oder S-Klasse, AMG-Sportversion oder Elektromodell, die völlig neue Anforderungen bei der Fahrwerksentwicklung mit sich bringen.
Mit Tempo 200 durch die Pylonen
Nach einer guten halben Stunde geht es über die Treppe eine Etage nach oben zum Fahrsimulator, einem der modernsten in der Welt. Über eine Brücke geht es aus dem Kontrollraum in eine Art Raumschiff - und das hebt gleich ab. In der Karbonkugel, die auf einem zwölf Meter langen Gleitschlitten nebst Dämpfern ohne jeden Bodenkontakt hin und her bewegt, befindet sich eine weiße Mercedes C-Klasse - umrahmt von mächtigen Bildschirmen, die wie ein 360-Grad-Kino erscheinen. "Das Modell ist aktuell eine C-Klasse, doch wie können mit dem Fahrsimulator jedes beliebige Fahrzeug auf den verschiedensten Strecken abbilden", erläutert Arne Felske, verantwortlich für den Bereich Handling Simulation. Der Eingang verschließt sich, die Brücke ins vermeintliche Raumschiff fährt zurück und das Auto legt nahezu lautlos ab in eine virtuelle Realität. Über Lautsprecher gibt es Anweisungen für die nächste Testfahrt. Alles, wie man es aus einem realen Auto kennt - Tür zu, anschnallen, Klimaanlage an und am Lenkrad die Fahrstufe einlegen. Diesmal geht es nicht auf eine Komfortstrecken, sondern es werden mit verschiedenen Fahrzeugen, Reifen und Beladungszuständen Ausweichmanöver gefahren.
Nach der leichten Einstimmung mit Tempo 130 geht es mit Tempo 200 in einem Mercedes GLE Coupé in die Pylonengasse. Zuerst ist das Fahrzeug leer, mal mit schlechten Reifen oder einer ungünstigen Aerodynamik ausgestattet, die es anfälliger für die böigen Seitenwinde mit 60 km/h macht. Alles im grünen Bereich - leicht gegenlenken und in der Spur bleiben. Jeder mögliche Parameter kann hier variiert und getestet werden. Ein paar Klicks ein paar Meter weiter im Kontrollraum und aus dem Mercedes GLE Coupé die deutlich handlichere C-Klasse mit weniger Wankbewegungen in der Karosserie. Das gleiche noch einmal - die Unterschiede sind deutlich. So soll gewährleistet werden, dass das zukünftige Modell sich in jedem Fahrzustand wie ein echter Mercedes bewegt, anfühlt und dabei insbesondere sicher und souverän wirkt. "In dem Simulator können wir jede Erprobung nachfahren - immer wieder und das ganze so wetterunabhängig reproduzierbar machen. Das ist für uns extrem wichtig", legt Markus Riedel nach, als es zurück in den Kontrollraum geht.
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- Veröffentlicht: 17. Dezember 2019