Das hat gesessen. Ein mittelamerikanischer Kenner der Materie; aber einer, der hinter dem Steuer noch keine Erfahrung mit dem neuen Über-Galopper hat. Natürlich ist die gewaltige Motorleistung beeindruckend, der Lärm je nach Fahrprogramm nicht allein für die Umgebung beängstigend und jeder Spurt die Sünde pur. Doch man würde dem potentesten aller Mustangs Unrecht tun, würde man ihn bei der Kurvenjagd ausklammern. Der Schub ist durch den Kompressor, der das letzte aus dem 5,2 Liter großen Achtzylinder herausholt mächtig, gewaltig, ja schier unglaublich. Dabei fährt man der Hightech-Konkurrenz aus Europa und auch dem Wettbewerbern aus dem Hause General Motors auf Highway und Autobahn überraschend hinterher, denn der stärkste aller Zossen wurde bei 290 km/h abgeriegelt. Nicht, weil seine Motorleistung nicht gut für knapp 340 km/h wäre. Der hauseigenen Entwicklungsabteilung in Dearborn / Michigan war es schlicht und einfach zu teuer, das beste Pferd im eigenen Stall für derart Höchstgeschwindigkeiten auszulegen, weil die Kunden wohl nur allzu selten über 300 km/h fahren. Hätte man den GT 500 für derartige Tempi weit jenseits der 300er-Marke ausgelegt, wie diese bei Porsche, Lamborghini, Ferrari oder selbst einer Corvette Gang und Gebe sind, wäre die Entwicklung unverhältnismäßig teurer geworden Das eingesparte Geld wollte man lieber für Aerodynamik, Fahrwerk und Getriebe ausgeben. Das ist allemal gelungen, auch wenn das siebenstufige Doppelkupplungsgetriebe nicht zu den besten auf dem Markt gehört und einen von der prächtig knochigen Handschaltung des kleinen Bruders GT 350 träumen lässt.
Blick zurück
Der Ford Mustang behält auch neben dem voreiligen Tempolimit seine bekannten Unzulänglichkeiten. Die Verarbeitung ist allenfalls Mittelmaß, die Bedienung mäßig und die Instrumente haben in Design und Funktion schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Der alles andere als üppig dimensionierte Navigationsbildschirm, die lieblosen Instrumente, dazu billige Kippschalter und eine Klimabedienung wie aus den 80ern - alles typisch Mustang. Doch wen soll das stören, denn an sich bewegt man - vortrefflich in dem wohl konturierten Sportsitzen gehalten - eine Kanonenkugel, von der nicht nur Fans von Ponycars mehr als einmal geträumt haben, sie zu reiten. Wer einen GT 500 oder den kleinen Bruder GT 350 fährt, merkt schnell, wie mäßig ein normaler Mustang ist. Mit dem 4,81 Meter langen Shelby GT 500 tanzt man nicht nur wegen des brüllenden Triebwerks, das seine Hitze immer wieder über die offenen Nüstern in der Haube abbläst, in der ersten Liga der Supersportler. Eine Liga, in der sonst nur die Besten der Besten gegen sich, Rennstrecken und überforderte Piloten kämpfen. Lamborghini Aventador, Ferrari 488, Porsche 911 Turbo S oder Corvette ZR1 - sie alle sind hier unterwegs und der galoppierende Hengst aus den legendären Flat-Rock-Werk in Michigan muss sich nicht verstecken.
Über Taster am griffigen Alcantara-Lenker kann man über lieblose Hartplastik Einfluss auf Dämpfer oder Lenkung nehmen. Dabei muss man es auch auf kurvenreicher Piste nicht zu ambitioniert angehen lassen. Im Normalmodus ist die Steuerung prächtig und die Modi Sport und Track braucht keiner, weil sich 305er Reifen vorn und 315er hinten im warmen Zustand bestens mit der Fahrbahnoberfläche verzahnen. Das gilt auch für die Dämpferabstimmung, denn der GT 500 ist eine harte Kiste, die gerade noch genügend Restkomfort bietet. Mehr Härte sollte man sich per Knopfdruck allenfalls auf einer ebenen Rennpiste ins Fahrzeug holen. Die siebenstufige Doppelkupplungsgetriebe ist dem gewaltigen Drehmoment geschuldet. Fast 850 Nm bei 5.000 Touren lassen es entbehrlich werden, die einzelnen Schaltstufen bis an die rote 7.500er-Marke zu pressen. Laune macht es trotzdem und wer dann auf den bergigen Straßen die Auspuffklappe im Sportmodus geöffnet hat, verursacht ganz nebenbei wohl so manchen akustischen Wildschaden und lässt das verschrockene Getier orientierungslos zurück.
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- Veröffentlicht: 21. November 2019