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Die pure Lust am Auto
Autos haben es in Deutschland gerade schwer - sehr schwer. Dieselskandal, Schadstoffdiskussionen, autonomes Fahren und jetzt noch das Thema Tempolimit. Einmal mehr zeigen die USA, wie man deutlich lässiger mit dem Thema Auto umgeht. Hier wird der fahrbare Untersatz zelebriert - am besten zu sehen am Wochenende bei Cars and Coffee.

Die pure Lust am Auto

Amelia Island Cars and Coffee 2019 (Foto: press-inform)

Autos haben es in Deutschland gerade schwer - sehr schwer. Dieselskandal, Schadstoffdiskussionen, autonomes Fahren und jetzt noch das Thema Tempolimit. Einmal mehr zeigen die USA, wie man deutlich lässiger mit dem Thema Auto umgeht. Hier wird der fahrbare Untersatz zelebriert - am besten zu sehen am Wochenende bei Cars and Coffee.

Der Amerikaner trinkt gemeinhin gerne Kaffee. Um bei den US-Kunden zu landen, mussten internationale Autohersteller jahrelang aufwendig Becherhalter verbauen oder die bestehenden Getränkehalter deutlich vergrößern, um bei den US-Kunde zu landen. Der Grund ist denkbar einfach: der amerikanische Autofahrer tankt nicht nur an den zahllosen Zapfsäulen im Land sein Vehikel mit flüssigem Lebenselixier, sondern gönnt sich bei der Fahrt in die Arbeit oder der Tour ins Wochenende gerne einen Abstecher zu Starbucks und Co. Ein großer Kaffee Latte mit Skin Milk für den einen oder einen kunterbunten Karamel-Frappuccino mit Mandelmilch für die Dame lauten die Bestellungen, die bei den Kaffeeläden an großen Straßenkreuzungen, Highways und Einkaufszentren zu tausenden eingehen. Damit es schnell geht, bestellt man mittlerweile oftmals per App und holt die kochend heiße Labsal am Counter ab. Gluck-gluck - weiter geht\'s.

Kaffee, Wochenende und Auto

Am Wochenende geht es für viele Amerikaner nicht in Arbeit, doch auf den Kaffee möchte man trotzdem nicht verzichten. Weil der aus dem heimischen Kaffeeautomaten selten so gut schmeckt wie aus der Siebträgermaschine im Coffee Shop geht es am frühen Morgen zum Kaffee-Fassen auf die Straße. Und wenn das Wetter gut und die Stimmung entspannt ist, bleibt der Pick Up oder die große Limousine in der Garage man steigt in den automobilen Liebling ein. Mit einem kleinen Sportwagen, einem offenen Roadster und oder dem selbst restaurierten Custom Car aus den 30er Jahren geht es zur Befriedigung des Kaffeedurstes und dem Abstand von Daheim.


Die Neigungen, den Kaffee im Oldtimer oder dem Lieblingsauto zu holen, teilen beinahe ebenso viele Amerikaner wie die morgendliche Lust auf Kaffee. Und so kam man eher zufällig als geplant zumeist auf den Parkplätzen größerer Einkaufszentren zusammen, holte seinen Kaffee und plauderte über die automobile Preziose. Wann der Trend wirklich begann und wo genau er geboren wurde, weiß heute so recht keiner mehr. Es gibt zahllose Geschichten und Anekdoten, die man glauben kann oder eben auch nicht. Doch alle Geschichten tragen die Elemente sehenswertes Auto, Mann mit Kaffeedurst und Lust auf lässige Plaudereien. Und man trifft sich früh, denn zumeist geht es um sechs Uhr los und am spätestens neun Uhr ist nichts mehr von den Fahrzeugen zu sehen. Schließlich geht es nach dem automobilen Stillen des Kaffeedurstes nach Hause zum morgendlichen Frühstück mit der Familie oder zwangsweise verordneten Familientour.

Hybriden und Elektroautos verboten!

Über die Zeit wurde Cars and Coffee zu einem landesweiten Trend. So traf man sich lange Jahre am ersten Samstag des Monats in Crystal Grove nach Newport Beach / Kalifornien, bevor es auf den großen Firmenparkplatz von Mazda USA nach Irvine ging, um das eigene Schmuckstück zu präsentieren. Andere kommen am frühen Morgen an einer kleinen Fischbude in Malibu jeden Sonntag zusammen, um über die eigenen Autos zu plaudern, die zumeist Traumwagen sind. Denn viele haben nicht nur einen kleinen Spaßmacher wie den Mazda MX-5 in der heimischen Garage, sondern fahren Dodge Viper, Ford Mustang, DeLorean, historische Porsche 911 oder heiße Hot Rods. Gerade an der kalifornischen Küste sind die informellen Events von Cars and Coffee meist sehenswerter als die meisten offiziellen Autoveranstaltungen. Dabei spricht jeder mit jedem, egal woher er kommt oder was er macht. Man liebt das Auto und zelebriert auf einzigartige Weise die eigenen Fortbewegungsmittel und ein bisschen auch die vergangene Zeit. Keine große Überraschung, dass zu dem ein oder anderen Event auch Supersportwagen wie Bugatti Veyron, Ferrari F40, seltene Mustang Shelbys oder echte Filmautos von George Barris auftauchen.

Cars and Caffeine Bathurst 2019 (Foto: press-inform)
Amelia Island Cars and Coffee (Foto: Hersteller)
Cars and Caffeine Bathurst - Porsche 911 (Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)

"Vor allem Fahrzeuge von 1999 und älter, sowie Sportwagen, Hot Rods, Exoten und alles, was normalerweise nicht in Südkalifornien zu sehen ist, werden bevorzugt auf den Platz gelassen", so Cars-and-Coffee-Teilnehmer John, der in der Nähe von Irvine wohnt, "was gar nicht geht, sind neue Viertürer, Trucks und Vans. Das Letzte, was wir hier sehen wollen sind aber die Hybriden und die Elektroautos - egal welcher Marke." Für Carl Winefordner wird jedoch gerne eine Ausnahme gemacht, denn sein Porsche 914 wird von einem 280 PS starken Elektromotor angetrieben.


Das informelle Treffen auf einen gemeinsamen automobilen Kaffee wuchs im Laufe der Jahre beträchtlich an. Viele Events wurden zu Großveranstaltungen mit mehreren hundert Fahrzeugen. Möglich wurde eines der größten Spektakel im kalifornischen Irvine mit bis zu 600 Autos und über 2.000 Besuchern nur durch die Mithilfe von Freiwilligen und der örtlichen Polizei. Police Officer Hillyard erklärt: "Ich bin selbst ein Autonarr und freue mich jedes Mal auf diesen Einsatz." Das eine oder andere Ticket schreiben er und seine Kollegen aber dann doch noch. "Meine Jungs warten hinter der nächsten Anhöhe und schnappen sich jeden, der meint, das friedliche und vor allem sichere Fest mit einem Ampelrennen zu beenden. Aber das kommt nur sehr selten vor. Gegen ein paar laute Gasstöße haben wir nichts. Ganz im Gegenteil", verrät der großgewachsene Polizist. So entspannt die lokalen Ordnungskräfte dies zu Beginn sahen, so schwierig ist das Handling bisweilen geworden. Weil immer mehr Autofans kamen und mittlerweile auch Besucher ohne eigenen Oldtimer- oder Sportwagenfuhrpark schauen, staunen und plaudern wollten, kam für eine Reihe von informellen Events das Aus. Die echten Fans kamen schon länger nicht mehr und die ursprünglichen Teilnehmer zogen um, wo man wieder unter sich - bei Cars und Coffee - war.

(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)
(Foto: press-inform)

Andere Veranstaltungen wurden erst kreiert und dann mit dem Begriff Cars and Coffee versehen, um Zuschauer zu locken. Bestes Beispiel ist ein Event wie Cars and Coffee bei der exklusiven Oldtimerveranstaltung von Amelia Island im Norden Floridas. Hier treffen sich am Samstagmorgen vor dem spektakulären Concours d\'Elegance im März hunderte von Autofans und zeigen auf der Abschlussbahn des Golfplatzes von Amelia Island stilecht ihre spektakulären Fahrzeuge. Hier stehen Alfa Spider Duettos neben Porsche 928, luxuriöse Mercedes 600 neben einem kleinen VW Karmann Ghia, während mächtige Cadillacs ihre glänzende Chromfront auf BMW 2002er, VW Beetle Cabrios oder Bentley Coupés richten.

Der Trend zu Cars and Coffee blieb jedoch nicht in den USA, sondern zog hinaus in die Welt. So treffen sich Oldtimerfans deutlich bodenständiger in Metropolen von Mexiko, Brasilien oder Japan. Selbst nach Australien hat es die automobile Institution von Cars and Coffee mittlerweile geschafft. Dort kommen Fans automobiler Kultur zum Beispiel bei großen Rennevents wie dem 12-Stunden-Rennen von Bathurst zu "Cars and Caffeine" zusammen. Der Inhalt ist derselbe wie im Ursprungsland USA. Man kommt mit seinem Lieblingsauto zu früher Stunde und zeigt das eigene Spielzeug, während man die Fahrzeuge der anderen bestaunt. Sind es in Japan Nissan Skyline, aufgemotzte Kei-Cars oder europäische Sportskanonen, so dürfen in Australien hubraumstarke Holden-Limousinen und aufgemotzte Pick-Ups ebenso nicht fehlen wie europäische Sportler von Porsche, BMW, Ferrari oder Lamborghini. Schade, dass sich der Trend zu Cars and Coffee in Europa trotz einiger Versuche so schwertut. Scheinbar trinken viele ihren Kaffee lieber zu Hause oder kommen am Wochenende morgens nicht so früh aus dem Bett.

Autor: Stefan Grundhoff  Stand: 12.03.2019
Fotos: press-inform