Das Cockpit mit den vier digitalen Rundinstrumenten plus den mittig sitzenden Analog-Drehzahlmesser ist weitestgehend von Bedienelementen entschlackt. Unter anderem sind fünf Kippschalter übriggeblieben, mit denen man die adaptiven Dämpfer oder das ESP einstellt. Allerdings hat dieser Bedienpurismus auch zur Folge, dass sich manche Funktion in den Untermenüs versteckt. Die Sitzposition ungewohnt hoch, aber immer noch sehr gut - und das, obwohl die Lenkradsäule jetzt kürzer ist und diese hilfreiche Einstellmöglichkeit auf Normalmaß zurückgestutzt ist. Jetzt aber zur Kernkompetenz eines jeden Porsche 911ers und da steht unverrückbar in jedem Lastenheft, dass der Neue schneller sein muss, als der Vorgänger. Natürlich ist das auch bei der Baureihe 992 der Fall, die dem Vorgänger auf der Nordschleife des Nürburgrings jedoch nur rund fünf Sekunden abnimmt. Doch nicht jeder treibt sich laufend zwischen Döttinger Höhe, Pflanzgarten und Galgenkopf herum. Aber auch auf Landstraßen bewegt sich der Neue agiler als der keineswegs schlechte Vorgänger, ohne dabei den Komfort auf dem Dynamikaltar zu opfern.
Neue Dynamikformel
Bisher galt es als gesetzt, dass man stärkere Querstabilisatoren einbauen sollte, um ein Auto querdynamischer zu machen. Porsche dreht dieses Prinzip jetzt um und bedient sich dabei eines Kniffs aus den Cup- beziehungsweise GT-Modellen: Die Stabis sind weicher, dafür die Federraten deutlich härter. Dennoch bleibt der Komfort erhalten. Dazu kommen der um fünf Zentimeter breitere Vorderwagen und breite Reifen. Mit diesen Maßnahmen haben die Zuffenhausener Ingenieure dem neuen 911er das Einlenken beigebracht. Vor allem in engen Ecken folgt die Vorderachse jetzt deutlich gieriger den Befehlen der Lenkung. Die ist zwar straffer als bisher, aber nach wie vor ein Vorbild an Präzision, Rückmeldung und Intuition. Das Steuern des neuen 911er fühlt sich natürlich und selbstverständlich an. Das Gleiche gilt für das Gaspedal, das den Wunsch des Fahrers linear und eindeutig an den aufgeladenen Sechszylinder Boxermotor weitergibt, so kann man die Beschleunigung exakt dosieren. Der klingt zwar immer noch nicht so wunderbar kehlig heißer wie die frei atmenden Sauger-Vorgänger, aber man kann nicht alles haben.
Die Spreizung der Fahrprogramme ist klar definiert: Der Unterschied zwischen Normal und zum Beispiel Sport Plus ist deutlich spürbar. Dazu gibt es einen "Wet Mode", der auf Knopfdruck eine Regenabstimmung bereitstellt, die den Porsche auch starken Regen problemlos beherrschbar macht. Auf kurvigen Landstraßen macht der 911er richtig Spaß, dank der optionalen Hinterradlenkung beteiligt sich das breitere Heck freimütig an dem Kurventanz. Beim schnellen Herausbeschleunigen aus engen Kurven, wirkt bisweilen ein Bremseingriff am kurveninneren Vorderradrad dem Untersteuern entgegen. Da sind wir schon beim Thema: der neue 911er wiegt trotz einiger Leichtbaumaßnahmen rund 50 Kilogramm mehr als der Vorgänger. Das liegt neben den neuen Assistenzsystemen wie etwa einem Totwinkelassistenten auch an der neuen Elektronikarchitektur mit dem Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe, das schon bereit ist, für eine Hybridisierung, die vermutlich mit der Modellpflege in drei Jahren stattfinden wird.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 17. Januar 2019