Die meisten europäischen Hersteller sagten goodbye und zogen ab. Nur Volkswagen ist im Nachgang des Dieselskandals um Wiedergutmachung bemüht und hält Detroit die Treue. Daimler, Audi oder BMW strichen die Messe aus ihrem Kalender und es scheint unwahrscheinlich, dass es jemals eine Rückkehr gibt. Denn ein mächtiges Eigentor schoss die Messe im vergangenen Sommer selbst. Hatte sie bei vielen zumindest den wichtigen Status als Jahresauftaktmesse, auf der man eine frohe Botschaft und einen Rückblick auf das vergangene Jahr präsentieren konnte, entschied sich der Messeveranstalter, die NAIAS ab dem kommenden Jahr in den wärmeren Juni zu verlegen. Und dabei war der Jahresauftakt für viele der Hauptgrund, überhaupt nach Detroit zu kommen.
NAIAS ohne Publikumsbedeutung
Wer durch die Straßen der einstigen Millionenmetropole am Detroit River fährt, sieht seit Jahren das gleiche Bild. Heruntergekommene Häuser, zerborstene Scheiben, frierende Obdachlose und ein morbider Charme, der sich in eine endlose Aussichtslosigkeit verfestigt hat. Die Stadt, die einst durch die großen drei General Motors, Chrysler und Ford als Motorcity Weltruhm erlangte, hat diesen noch immer. Doch heruntergekommener kann eine westliche Metropole kaum sein. Immer mehr Fabriken schlossen und die internationalen Autohersteller, die sich in den vergangenen Jahrzehnten in den USA niedergelassen haben, zog es in den Süden der USA. Im zumeist eiskalten Januar blickte die Welt zwei Tage nach Wayne County / Michigan. Dann fiel die Automobilindustrie ein als wäre nichts gewesen und feiert sich und ihre Neuigkeiten lautstark.
In fast jedem der letzten Jahrzehnte gab es einen Abgesang auf die Stadt südlich des St. Clair Sees, die im Juli 1701 von Franzosen gegründet wurde. Von jenen Franzosen ist heute weniger denn je zu sehen. Die französischen Automarken haben sich bereits vor Jahren vom US-Markt zurückgezogen und in Downtown Detroit gibt es nicht einmal ein französisches Restaurant. Man isst Burger, Steaks, eine American Pizza oder geht zum Griechen seines kulinarischen Vertrauens. Die Innenstadt am Detroit River, die jahrelang als die hässlichste der USA ausgezeichnet wurde, wurde in den vergangenen Jahren immer wieder mit aufwendigen Einzelprojekten aufgemöbelt. Gebracht hat das lange Jahre nichts, weil kein Leben in die Stadt kam, Geschäfte erst leer gezogen wurden und dann verwahrlosten. In die Innenstadt fuhren die meisten Bewohner aus dem Großraum Detroit allenfalls dann, wenn die Redwings in der Joe-Louis-Arena ein Heimspiel hatten oder ein paar Meter weiter bis zu 42.000 Zuschauer im Comerica Park das Baseballteam der Detroit Tigers anfeuerten. Einkaufen, Spaziergehen oder einfach Freunde treffen? Abgesehen von zwei Handvoll Restaurants gibt es hier nichts, was locken könnte. Und gerade in den kalten Wintermonaten bewegt sich hier nicht viel außer dem 1987 eingeführten People Mover der überirdisch durch die City rattert. Einst war die legendäre Woodward Avenue so belegt wie Broadway oder Park Avenue in New York.
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- Veröffentlicht: 14. Januar 2019