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Der Amtsschimmel wiehert chinesisch
Mit einer Reisegruppe quer durch China? Langweilig. Nur die Metropolen Peking und Shanghai mit dem Zug besuchen? Kaum besser. Wer China wirklich erkunden will, sollte sich einen Mietwagen nehmen und auf eigene Kappe den spektakulären Milliardenstaat erforschen. Wenn da nicht nur vorher die lokale Führerscheinprüfung anstünde, die ein eigenes kleines Abenteuer ist.

Der Amtsschimmel wiehert chinesisch

Führerscheinprüfung China (Foto: Tim Adler / press-inform)

Mit einer Reisegruppe quer durch China? Langweilig. Nur die Metropolen Peking und Shanghai mit dem Zug besuchen? Kaum besser. Wer China wirklich erkunden will, sollte sich einen Mietwagen nehmen und auf eigene Kappe den spektakulären Milliardenstaat erforschen. Wenn da nicht nur vorher die lokale Führerscheinprüfung anstünde, die ein eigenes kleines Abenteuer ist.

Der deutsche Führerschein ist eine tolle Sache. Doch im Ausland zählt der leider nicht viel. Und geht es in exotische Staaten, bringt einen auch der internationale Führerschein nicht nach vorn. Gerade in Asien sorgt die graue Pappe bei einer Verkehrskontrolle für ähnlich großes Gelächter wie der alte Videothekenausweis. Und wer zum Beispiel in China einen Mietwagen entern möchte, kommt um einen lokalen Führerschein ohnehin nicht herum. Wer dort als Resident wohnt, muss den Führerschein schnell machen, wobei der theoretischen Prüfung an einem Bildschirm weit mehr Bedeutung zukommt, als der Fahrprüfung selbst, auf die einen private Fahrer mit entsprechender Vorkenntnis vorbereiten. Wer nur für eine Urlaubstour eine Fahrerlaubnis braucht, kann diese mit überschaubarem Aufwand und entsprechenden Sprachkenntnissen für vergleichsweise wenig Geld erstehen. Wem die Sprachkenntnisse fehlen, muss es an den chinesischen Führerscheinstellen gar nicht erst versuchen. Daher vorher um eine entsprechende Agentur oder eine fachkundige Übersetzerin kümmern und hinein in den chinesischen Verwaltungsapparat. Dann steht den eigenen Erfahrungen im turbulenten chinesischen Straßenverkehr nichts mehr im Wege.

Acht Stationen Gesundheitsprüfung

Die gute Nachricht vorweg: die Führerscheinprüfung muss man in China nicht neu ablegen, denn man kann im Kern auf die deutsche bzw. europäische Fahrerlaubnis zurückgreifen. Diese muss jedoch vorher von einer offiziellen chinesischen Stelle, am bestem dem Konsulat oder der Botschaft, übersetzt und mit einem roten Stempel beglaubigt werden. Um die Aufwände in Grenzen zu halten, sollte man dies vorab in Deutschland erledigen und Rückfragen aller Art klären. Wie aufwendig es im Einzelfall ist, einen chinesischen Führerschein zu bekommen, hängt insbesondere von der Region ab. In Peking beispielsweise gibt es direkt am Flughafen eine Stelle, die das chinesische Führerscheindokument nach kurzer Prüfung ausstellt. Während es in der Hauptstadt bei der Flugeinreise mit einem Zeitaufwand von rund einer Stunde getan ist, sieht das in Shanghai ganz anders aus. Hier befindet sich die Führerscheinstelle im Gebäude der lokalen Verkehrspolizei, Qin Chun Lu 179, Minhang District. Ohne einen Übersetzer oder eine entsprechende Agentur, die rund 300 bis 500 Euro für das Paket haben will, geht nichts und mit den verschiedenen Gesundheitsprüfungen sowie den nötigen Verwaltungsgesprächen vergehen schnell drei bis vier Stunden. Wer es mit fremdsprachlicher Hilfe ohne Agentur hinbekommt, muss nur rund 40 Euro inkl. Fotos bezahlen.


Es gibt nicht nur eine Reihe von offiziellen Unterlagen zu unterschreiben, sondern es müssen vor Ort Fotos gemacht werden, denn die europäischen Normpassbilder sind zu groß für das später ausgestellte Laminier-Papier. Hat man mit Hilfe der sprachkundigen Agentur oder eines Helfers die ersten Schalter im Hauptgebäude der Verkehrspolizei abgearbeitet, ist wie bei einem Amtsbesuch in Deutschland. Zur nächsten Station geht es in die nächste Etage, es wird eine entsprechende Nummer gezogen, die auf einer der roten Anzeigetafeln erscheint. Zeit sollte man in jedem Fall mitbringen. Die nächsten Formulare, ein dringend notwendiger chinesischer Eigenname und es geht zur nächsten Station wieder Treppen hoch und wieder herunter. Immer dabei: Pass und einen immer dicker werden Stapel von Unterlagen.

Gilt nur für die Visumslänge

Wenn die wichtigsten Formulare überprüft und abgestempelt worden sind, steht eine muntere Gesundheitsprüfung an. Eine mögliche Eignungs-Bescheinigung aus deutschen Landen interessiert hier in China niemanden und so werden in den Gebäuden gegenüber in winzigen Behandlungszimmern verschiedene Untersuchungen abgeklappert. Internationale Schriftzeichen sucht man vergeblich und vor den winzigen Behandlungszimmern stehen zumeist vier bis sechs Chinesen an. Die Gerätschaften sind alt; das Untersuchungspersonal ist zumeist - vorsichtig ausgedrückt - sehr erfahren und entsprechend betagt. Im Raum 207 folgt ein Kurz-EKG, gleich nebenan erst ein Seh- und dann in Raum 209 ein Hörtest, natürlich Blutdruck messen und die in China unvermeidlichen Kniebeugen. Die Ärztinnen und Ärzte sind überall freundlich, sprechen kein Wort Englisch und wenn es passt, wird der Daumen gehoben. Dass es zieht und der Putz von den Decken rieselt, stört hier niemanden. Nachdem man insgesamt acht Stationen abgearbeitet und die kleinen Stempelfelder auf seinem Antragsformular gefüllt hat, muss man sich in einem großen Raum noch einen Endlos-Sicherheitsfilm anschauen, um sich artgerecht im chinesischen Straßenverkehr zu verhalten. Wirkt eher wie Endlos-Video der besten Unfallszenen, ist aber unumgänglich, um den Führerschein zu bekommen und verkürzt ganz nebenbei die Wartezeit während die chinesische Fahrerlaubnis endgültig ausgestellt wird.

Führerscheinprüfung China (Foto: Tim Adler / press-inform)
Führerscheinprüfung China (Foto: Tim Adler / press-inform)
Führerscheinprüfung China (Foto: Tim Adler / press-inform)
(Foto: Tim Adler / press-inform)
(Foto: Tim Adler / press-inform)
(Foto: Tim Adler / press-inform)

Nachteil für den großen Aufwand: leider gilt der Führerschein nur in Verbindung für die Zeit des Chinavisums. Wer wiederkommt, muss das ganze Prozedere beim nächsten Mal wieder über sich ergehen lassen. Hält man den Führerschein nach dem entsprechend höchst variablen Zeitaufwand in Händen, steht der eigenen Automobilität kaum noch etwas im Wege. Mit etwas mehr Aufwand als in den USA oder Europa hat man es letztlich in einen Mietwagen geschafft und die Tour kann beginnen.

Autor: Stefan Grundhoff, Shanghai  Stand: 08.06.2018
Fotos: Tim Adler / press-inform  

(Foto: Tim Adler / press-inform)
(Foto: Tim Adler / press-inform)
(Foto: Tim Adler / press-inform)
(Foto: Tim Adler / press-inform)
(Foto: Tim Adler / press-inform)
(Foto: Tim Adler / press-inform)