Das chinesische Pendant zu WhatsApp ist vielmehr als eine Möglichkeit, nur Nachrichten und Bilder zu verschicken. WeChat hat bei Mobilfunkteilnehmern eine Marktabdeckung von 100 Prozent. Besonders wichtig ist dabei die Bezahlfunktion, denn egal ob Mittagessen, Kartenbestellung, Taxinutzung oder die Bezahlung der Autobahnmaut - alles geschieht per WeChat. Kreditkarten werden zumeist gar nicht mehr akzeptiert und wer an der Tankstelle mit einem Bündel Geldscheine zum Bezahlen bezahlt, wird vom freundlichen Tankwart verwundert angeschaut. Englisch hilft einem im Alltag genauso viel wie eine Schneeschaufel in der Arktis. Der Liter Kraftstoff ist mit rund sieben RMB - umgerechnet einem Euro - günstiger als in Europa und damit teurer als in den USA.
Limousinen mit langem Radstand
Wer in China etwas auf sich hält, fährt ein europäisches Premiumprodukt. Bei der Jagd nach den höchsten Verkaufszahlen liefern sich Audi, BMW und Mercedes mit jeweils knapp 600.000 Fahrzeugen pro Jahr ein enges Rennen. Ein Hersteller wie Mercedes produziert dabei rund 70 Prozent seiner Fahrzeuge lokal. Der Grund sind die 25prozentigen Strafsteuern für Importfahrzeuge, die in nächster Zeit reduziert werden sollen. Gemessen an der Einwohnerzahl ist Autodichte deutlich geringer als in Deutschland oder den USA. Kaum mehr als 70 Auto kommen auf 1.000 Einwohner. In den USA ist die Zahl mehr als zehnmal so hoch; in Deutschland hat sie immer noch den Faktor neun. Doch beide Märkte sind im Gegensatz zu China gesättigt - kein Wunder, dass China längst zur größten Autonation der Welt geworden ist und die Zuwachsraten trotz zunehmender Probleme steigen. Wenn schon ein europäisches Luxusprodukt, dann am besten eine Limousine aus deutscher Produktion. Diese werden in China durchweg mit langem Radstand angeboten, weil der der lokale Kunde es nicht nur gerne edel, sondern auch eine Nummer größer mag. Den Einstieg in die Familienliga bilden dabei Modelle wie die verlängerten Versionen von Mercedes C-Klasse, Audi A4 oder BMW 3er. Wer mehr Luxus will, gönnt sich die größeren Brüder mit noch mehr Komfort.
Erfreuten sich in den vergangenen drei Jahren insbesondere klassische Limousinen einer großen werdenden Nachfrage, so dreht sich dieser Trend gerade um. Wie überall anders in der Welt führt am SUV kein Weg mehr vorbei. "In den nächsten fünf Jahren wird der SUV-Anteil in China auf rund 60 Prozent wachsen", so Skoda-Marketing-Vorstand Alain Favey. BMW bietet bereits einen verlängerten X1 an und Audi stellte jüngst den Q5 L vor. Mercedes, Jaguar Land Rover und Volvo dürften zeitnah folgen. Das Durchschnittsalter eines Premiumneuwagenkäufers liegt bei 35 Jahren - 20 Jahre jünger als zum Beispiel in Deutschland. "25 Prozent der Kunden kaufen sich bei uns zum ersten Mal ein Auto", sagt Andreas Stockhege, der seit Jahren im Daimler-Entwicklungszentrum in Peking arbeitet, "selbst zehn Prozent unserer S-Klasse-Kunden hatten zuvor gar kein Fahrzeug." Eine noch größere Nummer ist in China Volkswagen. Die Wolfsburger waren 1984 die ersten, die mit ihrem Mittelklassemodell Santana die Volksrepublik enterten und abgesehen von aufkommenden inländischen Marken wie Geely, BYD, Brilliance und Co. das Straßenbild prägen. Die meisten Chinesen sind nach wie vor mit dem Roller unterwegs, der nur noch elektrisch betrieben werden darf. Das sorgt für eine überraschend angenehme Ruhe im Verkehr. Eigene Fahrräder haben zumindest in den Metropolen ausgedient. Hier greift man - natürlich via WeChat - auf ein Mietfahrrad zu und stellt es nach dem Gebrauch einfach ab. Das ist Mobilität - irgendwo zwischen 3.0 und 4.0 und damit ideal für die "Chinese Digital Generation".
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- Veröffentlicht: 27. April 2018