Für den nötigen Schub sorgt - noch ein Novum in Sant\'Agata Bolognese - ein echter Turbomotor. Selbst Puristen müssen das in der heutigen Zeit verkraften. Das 4,0-Liter-V8-Triebwerk kommt aus dem Konzern, befeuert unter anderem auch Porsche und Bentley, und ist trotzdem Lamborghini-like: Mit 650 PS und 850 Nm stößt es in neue Leistungssphären vor. Vor allem aber röhrt es so herrlich, dass auch der akustische Anspruch gewahrt bleibt. Die hohe Leistung ist er entscheidende Faktor, weshalb das Leistungsgewicht mit 3,38 Kilogramm pro PS trotz der 2,2 Tonnen Leergewicht der bei weitem beste Wert in diesem Segment ist. So schießt der Urus dann auch in 3,6 Sekunden auf Tempo 100 - was von Innen heraus trotzdem vergleichsweise unspektakulär wirkt. Hier macht sich dann doch die hohe Sitzposition bemerkbar. Sie gibt einem trotz der exzellenten Performance auch mit verbundenen Augen das Gefühl, in einem SUV und nicht in einem Supersportwagen zu sitzen.
204.000 Euro Vergnügungssteuer
Natürlich ist der Urus auch ein SUV. Dieses Bekenntnis war den Ingenieuren so wichtig, dass sie dem Wagen tatsächlich Offroad-Fähigkeiten anerzogen. Dabei geht es weniger um das "Ich könnte, wenn ich wollte"-Gefühl, sondern um ein für Lamborghini durchaus relevantes Kundenverhalten. "Wir wissen, dass in Middle East Besitzer solcher Fahrzeuge tatsächlich mit hohem Tempo durch Wüsten und auf Dünen fahren - ohne Rücksicht auf den Wert des Fahrzeugs", klärt Stefano Domenicali, CEO von Lamborghini, auf: "Unser Anspruch an die Offroad-Fähigkeiten des Urus waren daher nicht Merkmale wie die beste Achsverschränkung und der beste Rampenwinkel für schweres Gelände. Dafür ist unser Fahrzeug einfach zu niedrig." Vielmehr lag der Fokus darauf, schnell auf Sand, Schotter und Eis unterwegs zu sein - was der Urus letztlich genau dank der gleichen Systeme meistert, die ihm schon auf der Rennstrecke seinen Vorsprung einbringen. Fast idiotensicher lässt er sich offroad in jede Kurve werfen. Solange der Fahrer dorthin lenkt, wohin der Urus soll, wird er wohl auch dort ankommen. Dazu muss der Steuermann lediglich am sogenannten Tamburo den richtigen Fahrmodus wählen. Sie heißen voller Nationalstolz beispielsweise Corsa (Rennen), Sabbia (Sand) oder Neve (Schnee). Oder man fährt im wahrsten Wortsinn einen Ego-Trip: Er kann aus insgesamt 27 verschiedenen Setups festgelegt werden und heißt auch Ego.
Auch wenn es für vieles keine Schalter und Tasten mehr braucht, so sind Mittelkonsole und Instrumententafel völlig überfrachtet. Das exzentrische Design erschwert eine intuitive Bedienbarkeit - "Hauptsache anders" schien die Devise gewesen zu sein, als es darum ging, die von Audi stammende Infotainmentzentrale in den Urus zu verfrachten. Als gut integriert in den Innenraum darf sich aber der Fahrer fühlen. Trotz der großen Gesamtabmessungen spürt er auf seinem Platz keine unendlichen Weiten wie in anderen SUVs. Ohne dass es wirklich eng zugeht, ist er wie in einem Sportwagen ins Interieur eingebettet. Auch die Fondpassagiere können angemessen sitzen, schließlich ist der Urus der erste Viertürer der Marke. Beim Einsteigen heißt es für sie aufzupassen, um nicht mit dem Kopf am Dach anzustoßen. Im Innenraum selbst herrscht dann Platz bis 1,85 Meter Größe. Wer die serienmäßige dreisitzige Rückbank gegen zwei elektrisch einstellbare Einzelsitze tauscht, gewinnt noch ein paar Zentimeter. Vor dieser Wahl stehen aber weniger die hartgesottenen Lamborghini-Fans. Die Vorbestellungen des 204.000 Euro teuren Urus laufen bereits prächtig. Was Stefano Domenicali dabei am meisten freut: "60 Prozent aller Bestellungen stammen nicht von Lamborghini-Fahrern."
Fotos: Lamborghini
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- Veröffentlicht: 22. April 2018