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Raus aus der Tesla-Falle
Audi lüftet weitere Geheimnisse des Tesla Model X-Gegners e-tron. Anders als der amerikanische Konkurrent nutzen die Ingolstädter ein offenes Ladesystem und schaffen es, die Akkus mit 150 Kilowattstunden in rund 30 Minuten vollzupumpen.

Raus aus der Tesla-Falle

Der Audi e-tron soll den Ingolstädter Autobauer unter Strom setzen (Foto: press-inform / Audi)

Audi lüftet weitere Geheimnisse des Tesla Model X-Gegners e-tron. Anders als der amerikanische Konkurrent nutzen die Ingolstädter ein offenes Ladesystem und schaffen es, die Akkus mit 150 Kilowattstunden in rund 30 Minuten vollzupumpen.

Das Experiment erinnert an das Vorhaben eines gewissen Victor Frankenstein, der in Ingolstadt mit Hilfe des Stroms einen Toten zum Leben erwecken wollte. Aus einer langen Antenne schlägt ein Blitz mit 500.000 Volt beim Audi e-tron ein. Fehlt nur noch, dass ein Wissenschaftler "Er ist am Leben" jubiliert. Doch ganz soweit sind sie bei der Marke mit den vier Ringen noch nicht. "Der Lichtbogen-Überschlag hat rund 0,22 Kilowattstunden auf das Auto prasseln lassen, das sind etwa 0,2 Prozent der Kapazität der e-tron-Batterie", rechnet Dr. Lars Klingbeil von Siemens nüchtern vor. Der Schluss daraus: Aus dem blitzschnellen Aufladen wird vorläufig nichts.

Verschiedene Heimlade-Varianten

Dennoch löst das Füllen der Akkus bei der Elektromobilität zunehmend die Reichweitenangst als Besorgnis Nummer eins ab. Schließlich schafft der Audi e-tron, der nächstes Jahr auf den Markt kommt, dank seiner 95 Kilowattstundenbatterie eine Normreichweite von rund 400 Kilometern. Eine wichtige Frage lautet: Wo und wie kann man die Batterien schnell wieder aufladen? Auf dieses zentrale Problem haben die Ingolstädter zwei Antworten. Zusammen mit BMW, Daimler, VW, Porsche und anderen hat der Autobauer den Lade-Dienstleister Ionity gegründet. Ziel ist es, bis zum Marktstart des e-tron im nächsten Jahr 200 Ladestationen entlang der europäischen Hauptverkehrsadern zu installieren. Bis 2020 sollen es dann rund 400 werden, von denen jede mehrere Ladesäulen hat. Momentan scheint das Unterfangen noch sehr ambitioniert, denn aktuell existiert in Deutschland nur ein Ionity-Ladepunkt und der befindet sich zwischen Köln und Frankfurt.


Doch in Ingolstadt ist man zuversichtlich, dass die Infrastruktur bis dahin steht. Dann soll es möglich sein die Akkus des Audi e-tron mit 150 Kilowatt innerhalb von rund 30 Minuten wieder zu füllen. "Wir sind die ersten, die das in Großserie schaffen", strahlt Produktmanager Anno Mertens. Im Gegensatz zu Tesla, die ein geschlossenes Ladesystem verwenden, setzt Audi auf ein offenes System, das auch andere Hersteller, die die CCS-Technologie verwenden, nutzen können. "Raus aus der Tesla-Falle", heißt die Devise. Allerding prescht Porsche schon vor und will seine Elektrofahrzeuge mit 350 Kilowatt befüllen. Da das Auto zu 80 bis 90 Prozent daheim wieder aufgefüllt wird, bietet Audi zwei Alternativen an: Das serienmäßige Ladesystem, dass mit elf Kilowatt Leistung operiert (Ladezeit etwa 8,5 Stunden) und die "Connect"-Variante mit 22 kW, die die Aufgabe nicht nur etwa in der Hälfte der Zeit erledigt, sondern auch intelligent agiert, um für den e-tron-Fahrer die bestmögliche beziehungsweise günstigste Lademöglichkeit zu bieten. Ist der Stromverbrauch im Haus sehr hoch, reduziert der e-tron die Ladungsstärke und informiert den Nutzer per App über die Verzögerung bei der Ladezeit.

Schutz für die Akkus

Der Tesla-Stachel sitzt tief bei Audi. Deswegen können sich die Ingolstädter die eine oder andere Spitze nicht verkneifen. "Bei uns schafft das Auto auch die sechste Vollgas-Beschleunigung ohne Probleme", heißt es mit einem verschmitzen Lächeln. Damit dieses Unterfangen auch klappt, ist eine effiziente Kühlung der Akkus unabdinglich. Die Lithium-Ionen-Batterie wird mit Hilfe von Aluminium-Strangpressprofilen, die per Spezialkleber von unten an die Akkus geklebt werden, durch eine Flüssigkeit gekühlt. Ergänzt wird diese Maßnahme durch einen sogenannten "Chiller", der Teil eines Niedertemperatur-Kühlkreislaufs ist, der mit einem Kompressor betrieben wird sowie einem Niedertemperatur-Kühler der sich hinter beweglichen Lamellen des Kühlergrills befindet. Dazu kommen eine integrierte Wärmepumpe und ein wassergekühltes Hochvoltlade-Gerät. Insgesamt sind vier Kühlkreisläufe vorhanden, die je nach Bedarf kombiniert werden können. So werden die 36 Module, in denen sich ingesamt 432-Pouch-Zellen befinden in einem stabilen Temperaturfenster von 25 bis 35 Grad gehalten. Das soll auch bei extremeren Bedingungen, von bis zu Minus 20 Grad oder plus 40 Grad klappen, damit die Batterie mindestens 250.000 Kilometer lang hält.

Die Batterie befindet sich im Unterboden (Foto: press-inform / Audi)
Das Laden geht problemlos vonstatten (Foto: press-inform / Audi)
Audi verwendet ein offenes Ladesystem (Foto: press-inform / Audi)
(Foto: press-inform / Audi)
(Foto: press-inform / Audi)
(Foto: press-inform / Audi)

Die Akkus befinden sich im Unterboden des e-tron und sind 2,28 Meter lang, 1,63 Meter breit und 34 Zentimeter hoch. Damit diese geballte Ladung bei einem Unfall nicht in Flammen aufgeht, muss einiges getan werden. Schließlich soll der Audi e-tron rund 80.000 Euro kosten. Ein Unterbodenschutz und eine Gehäusewanne bilden die Grundlage. Ergänzt werden diese durch einen Rahmen und einem Aluminium-Batteriegehäuse, das als Fachwerkstruktur gehalten ist. Dazu kommen noch Profile am Rand und die Tatsache, dass das Batteriegehäuse mit 35 Schrauben befestigt ist. Das erwähnte Batteriegehäuse nimmt sowohl frontal einwirkende Kräfte als auch die kinetische Energie bei einem Seitencrash auf. Vor allem der erste Einschlag ist da sehr entscheidend, damit die Insassen keinen zu großen Belastungen ausgesetzt sind.

Autor: Wolfgang Gomoll, Berlin  Stand: 20.04.2018
Fotos: press-inform / Audi  

(Foto: press-inform / Audi)
(Foto: press-inform / Audi)
(Foto: press-inform / Audi)
(Foto: press-inform / Audi)
(Foto: press-inform / Audi)
(Foto: press-inform / Audi)