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Rettet den Diesel?
Der 88. Genfer Salon geht in die Vollen. Stars, Neuheiten, Sternchen und Flops sind zahlreich, denn es gibt am elitären Lac Leman wieder einmal viel zu sehen. Abseits der hellen Scheinwerfer schwelt im Messezentrum Palexpo abseits der potenten Kraftprotze ein vorherrschendes Thema: hat der Diesel noch eine Zukunft?

Rettet den Diesel?

Daimler auf dem 88. Genfer Salon (Foto: Hersteller)

Der 88. Genfer Salon geht in die Vollen. Stars, Neuheiten, Sternchen und Flops sind zahlreich, denn es gibt am elitären Lac Leman wieder einmal viel zu sehen. Abseits der hellen Scheinwerfer schwelt im Messezentrum Palexpo abseits der potenten Kraftprotze ein vorherrschendes Thema: hat der Diesel noch eine Zukunft?

Die deutschen Hersteller haben auf der ersten Messe des europäischen Autojahres traditionell viel zu bieten. Da duellieren sich im 15-Minuten-Rhythmus viertürige Sportskanonen wie das Mercedes AMG GT Coupé und das zukünftige BMW M8 Gran Coupé, da strahlt ein 520 PS starker Porsche 911 GT3 RS mit einer Bullitt-Sonderedition des Ford Mustang oder einem Rolls-Royce Dawn Zweisitzer um die Wette. Doch kaum ein Stand, an dem der nicht enden wollende Dieselskandal kein Thema ist. Die jüngste Gerichtsentscheidung, dass Städte eigenmächtig Fahrverbote verhängen können, scheint die ohnehin vollgepackte Messehallen noch weiter zusammenzuziehen. Vielen Herstellern fehlt trotz strahlender Neuheiten und bester verkaufszahlen scheinbar die Luft zum Atmen. Drohende Dieselfahrverbote drücken ein paar hundert Kilometer fern des einst autoverliebten Deutschlands auch in der südlichen Schweiz mächtig auf die Stimmung. Schließlich haben darunter nicht nur die deutschen Hersteller zu leiden, sondern auch Herstellern aus Frankreich, Italien oder Japan schlägt die Dieselangst zunehmend aufs Gemüt, weil der deutsche Markt der wichtigste in Europa bleibt. Es geht - worum auch sonst: um Stückzahlen, Erträge und somit das liebe Geld und kaum um die Umwelt.

Deutscher Markt unter Dieseldruck

Da wird sich der ein oder andere Hersteller die Hände reiben, dem diesjährigen Genfer Salon ferngeblieben zu sein. So sucht man Hersteller wie Opel, Infiniti, DS, Chevrolet und Cadillac in den Messehallen Palexpo vergeblich. Immerhin gab es weit weniger Absagen als auf der IAA im vergangenen Herbst, wo knapp ein Dutzend Automarken zu einem Messeauftritt am Main den Kopf schüttelte. Generell ist auf dem Genfer Salon mehr los als in den Jahren zuvor und es gibt mehr Neuheiten. Doch auch die schickste aller europäischen Automessen ist unter Druck und kämpft um Aussteller für die kommenden Jahre. Viele wollen auch hier ihr Engagement reduzieren oder gar ganz verschwinden. Teure Flugpreise und astronomische Hotelkosten schlagen mächtig ins Kontor und die Bedeutung der Automessen selbst wird immer unwichtiger.


Spricht man mit Schweizern, Österreichern, Franzosen oder anderen Anrainern können viele kaum fassen, dass sich die deutsche Autowirtschaft samt nationaler Politik derart selbst das Leben schwermachen lässt. Sehenswerte Antworten auf drohende Fahrverbote gibt es am Lac Leman viele und sie tummeln sich in allen Autoklassen. Dabei trumpfen die Premiumhersteller zum Frühlingsauftakt mächtig auf. Bei Neuheiten wie Audi A6, BMW X4, dem limitierten Range Rover SV Coupé oder eben dem viertürigen Doppelpack aus BMW M8 Grand Coupé (noch als seriennahe Studie) und dem 639 PS starken AMG GT Coupé haben es dünn überarbeitete Modelle wie Mini, Skoda Fabia, Maybach S-Klasse oder die Mercedes C-Klasse schwer, sich in Szene zu setzen. Das gelingt dann schon eher coolen Studien wie dem Subaru Viziv Tourer Concept, der Neuauflage des historischen Mini oder dem spektakulären Fenyr Supersport.

PS-Protze im Scheinwerferglanz

Für die breite Masse gibt es mit Modellen wie Mazda 6 Kombi, Volvo V60, Kia Ceed Sportwagon, einem eleganten Peugeot 508 oder Hyundai Santa Fe jede Menge Neuheiten. Wer es noch familiärer mag, steigt in Familienkastenwagen wie Citroen Berlingo oder Peugeot Rifter (ehemals Partner), freut sich auf das Serienmodell des Skoda Vision X oder steigt in den neuen Mittelklasse-SUV Lexus UX. Auch wenn der neue VW Golf noch mehr als ein Jahr auf sich warten lässt und Ford auf dem Genfer Salon den neuen Focus überraschenderweise noch nicht im Gepäck hat, bietet die Kompaktklasse einige Neuheiten. Schicker als bisher anzuschauen und mit Hybridtechnik zeitgemäßer denn je, steht in Genf der neue Toyota Auris, der sich auf den meisten europäischen Märkten gegen den ebenfalls neuen Kia Ceed jedoch schwertun dürfte.

Bentley Bentayga Hybrid - mit über 460 PS und 50 km elektrischer Reichweite (Foto: Hersteller)
Fenyr Supersport - so etwas gibt es nur in Genf zu sehen (Foto: Hersteller)
Ford Mustang - zum Modelljahr 2018 leicht überarbeitet (Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)

Doch Familienautos, Klein- und Kompaktwagen haben auf dem Genfer Salon traditionell wenig Chancen ins Rampenlicht zu rollen, da Luxuskarossen und Sportwagen die größte Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Mehr im Rampenlicht will auch Seat stehen. Die zuletzt sehr erfolgreichen Spanier lassen ihre Topmodelle zukünftig unter einer eigenen Submarke mit Namen Cupra laufen. Edeltuner wie Brabus, Alpina, MTM und Co. haben am leistungsverliebten Genfer See ihren festen Platz. Und wem die blass überarbeitete Mercedes C-Klasse inkl. auf 390 PS erstarktem AMG C 43 zu dünn ist, kommt bei den potenten 800-PS-Versionen von Bodo Buschmann ins Schwärmen. Kaum weniger Leistung, aber mehr Elektrizität bietet die Konzeptstudie des 4,95 Meter langen Porsche Mission E Sport Turismo; einer 600 PS starken Kreuzung aus Cayenne und Mission E, die hohe Chancen auf eine Serienumsetzung hat. Bald zu kaufen: der 400 PS starke Jaguar i-Pace mit einer elektrischen Reichweite von fast 500 Kilometern. Ebenfalls mit mächtig Dampf unterwegs: der neue Lamborghini Urus.


Wenig wirklich Neues bietet der 88. Genfer Automobilsalon bei den Hybridmodellen. Der neue Toyota Auris bietet zwar Hybridantriebe mit 122 und 180 PS, bietet aber keine zeitgemäße Plug-In-Technik. Die gibt es beim ersten Hybridmodell aus dem Hause Bentley. Der Bentayga Plug-In-Hybrid wird von einer Kombination aus Dreiliter-V6-Turbo und einem Elektromotor angetrieben, die zusammen eine Leistung von 460 PS realisieren und den 2,5 Tonnen schwerer Koloss 50 km rein elektrisch fahren lassen. Ebenfalls als Hybrid zu bekommen: eine Dieselversion der überarbeiteten Mercedes C-Klasse und der überarbeitete Mitsubishi Outlander. Auch wenn sich gerade die Hersteller aus Deutschland, Frankreich und Korea auch auf dem Genfer Autosalon zum modernen Saubermann-Diesel bekennen - ein wirklicher Kampf für den Diesel sieht anders aus.

(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)

Autor: Wolfgang Gomoll / Wolfgang Hörner / Stefan Grundhoff, Genf  Stand: 06.03.2018
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