Drucken
Nationalstolz
Die Zeiten, in denen die Tokyo Motorshow eine weltweite Bedeutung hatte, sind schon länger vorbei. Die ehemals so wichtige asiatische Leitmesse hat den Anschluss zur Weltspitze verloren. Ein paar internationale Stars gibt es in Big Sight trotzdem zu sehen.

Nationalstolz

Toyota Concept-i - eine der spektakulärsten Studien (Foto: Hersteller)

Die Zeiten, in denen die Tokyo Motorshow eine weltweite Bedeutung hatte, sind schon länger vorbei. Die ehemals so wichtige asiatische Leitmesse hat den Anschluss zur Weltspitze verloren. Ein paar internationale Stars gibt es in Big Sight trotzdem zu sehen.

In den turbulenten 80er Jahren zitterte die ganze Autowelt vor der japanischen Autoindustrie und in den opulenten 90ern sah es kaum anders aus. Doch so kometenhaft der Aufstieg ab Ende der 70er Jahre, umso unbedeutender ist der japanische Automarkt zumindest aus internationaler Sicht geworden. Das ist allemal schade, denn kaum ein Land hat ein derart spannendes Spektrum an Automobilen zu bieten. Von den unzähligen Kei-Cars mit winzigen Abmessungen und ebensolchen Antrieben bis hin zum Luxusmodell schlechthin, dem Toyota Century wird einem auf der japanischen Insel alles geboten, woran man sich kaum sattsehen kann. Nach vielen Jahren feiert der neue Century, eine Luxuslimousine vom Schlage eines BMW 760 Li oder eines Mercedes S 600 L auf der Motorshow ihre Weltpremiere. Das klassische Styling ist geblieben; der opulente Luxus auch. Statt Leder bettet man sich im Fond auf Liegesitzen unverändert im flauschigen Flockverlours, während sich der Fahrer erstmals vom imageträchtigen V12-Triebwerk verabschieden muss. Stattdessen arbeitet mit Vorderwagen ein Fünfliter-V8 mit Hybridmodul. Nur ein paar Meter weiter zeigt Toyota mit dem Concept-i in strahlendem weiß mit mächtigen Schwenktüren, dass die automobile Zukunft autonom und elektrisiert auch anders fahren und aussehen kann.

Alles in japanischer Hand

Neben der coolen Luxuslimousine des Toyota Century ist das Mazda Vision Coupé Concept der große Star der Messe. Die knapp fünf Meter lange Studie gibt einen hoffentlich realitätsnahen Ausblick auf den kommenden Mazda 6. Wer sich die Proportionen des viertürigen Gran Coupés mit der nicht enden wollenden Motorhaube, der weit nach hinten gesetzten Fahrgastzelle und dem scharfen Hinterteil sieht, mag daran zweifeln, wie diese coole Karosseriemütze mit einer Familienlimousine zusammenpassen soll. Immerhin: gesetzt scheinen beim kommenden Mazda 6 Sechszylinder mit effizienter Skyactiv-Technologie, Hinterrad- bzw. Allradantrieb und ein Formenspiel aus konvexen und konkaven Formen, das auch die Studie des Mazda Kai in sich trägt, die deutliche Anleihen zum neuen Mazda 3 zeigen soll, der im Herbst 2018 seine Premiere feiert.


Nissan legt bei seinem jüngst vorgestellten Elektromodell Leaf II auf der Messe eine sportliche Nismo-Variante nach und lässt SUV-Fans mit Sternenkreuzer-Ambitionen von einer Serienversion des 435 PS starken IMx träumen. Mitsubishi, längst unter Regie von Renault-Nissan, geht mit dem e-Evolution Concept sogar noch etwas weiter. Doch die zahlreichen Studien in den Hallen des Messezentrums Big Sight im Südosten der Stadt sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Tokyo Motorshow in ihrer mittlerweile 45. Auflage nicht mehr derart bunt, abwechslungsreich und verrückt ist, wie noch vor ein paar Jahren. Trotzdem ist die 2017er-Auflage spannender und innovationsgetriebener als noch vor zwei oder vier Jahren. Unverändert ist die Tokyo Motorshow dabei eine nationale Leistungsschau, auf der die ausländischen Hersteller nichts zu melden haben. So satt gerade die deutschen Premiumhersteller hier im Saft stehen, um die Kundennachfragen zu bedienen, auf der Messe haben sie nichts zu bieten. Audi legt seinen neuen A8 sowie die beiden Energieriegel RS4 / RS5 auf, BMW zeigt die Konzeptstudien von Z4 und 8er sowie den neuen 6er GT. Volkswagen schenkt die Tokio-Messe mit Japan-Erstauftritten von Polo und I.D. Buzz ebenso ab wie Porsche mit den Neuauflagen von Panamera Hybrid und Cayenne. Viele andere internationale Hersteller sind gar nicht auf der Messe vertreten.

Mäßige Elektrogefühle

Daimler zeigt viele viele bunte Smarties und den vorletzten Messeauftritt der legendären Mercedes G-Klasse. Sie wird im Januar auf der Detroit Motorshow 2018 von einer komplett neu entwickelten Neuauflage mit Einzelradaufhängung und mehr Innenraumkomfort abgelöst. In Tokio wird dagegen noch einmal stürmisch für das Urgestein applaudiert - wenn auch in unglücklichem rot lackiert. In verführerischem indigo-blau erstrahlt dagegen in der Toyota-Markenhalle das neue Taxi der Toyota Motor Corporation, das bis zur Olympiade im Jahre 2020 die Straßen der Millionenmetropole Tokio bevölkern soll. "Taxis sind eines der Vermächtnisse, die von den olympischen Spielen in Tokio bleiben werden", sagt Toyota Präsident Akio Toyoda bei der Premiere des Fünfsitzers, der mit seinem großen Fondabteil optisch deutliche Anleihen am legendären London Taxi hat. Einstiegspreis ab umgerechnet 24.500 Euro. Wer es noch farbiger mag, dürfte sich für den Daihatsu DN Compagno erwärmen können. Ein cooles kleines Citycoupé, das an die Retroversion des Jahres 1964 erinnert - beide werden von einem ein Liter großen Benziner angetrieben. Mehr als nett anzuschauen ist das Honda Sports EV Concept, das elektrischen Antrieb und künstliche Fahrerassistenz unter einem schicken Blechkleid fusioniert. Träumen im automobilen Übermorgen kann man im Wonder Capsule Concept von Toyota - einem 2,50 Meter langen Zweisitzer mit Elektromotor.

Mazda Kai Concept - ein Ausblick auf den kommenden Mazda 3 (Foto: Hersteller)
Mitsubishi e-Evolution - Neustart für die Japaner unter Renault-Nissan (Foto: Hersteller)
Audi A8 L - einer der wenigen deutschen Stars (Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)

Der große Trend der Elektroautos setzt sich auf der 45. Tokyo Motorshow nur eingeschränkt fort. Zwar scheint auch Toyota als Marktprimus mittlerweile von den betagten Nickelmetallhydrid-Hybriden auf moderne Plug-In-Module und Elektrofahrzeuge umzuschwenken und der noch junge Nissan Leaf II soll die Elektrowelle nun auch nach Japan tragen, doch bei kaum einem Hersteller spielen die Verbrenner nicht die entscheidende Rolle. Auch, weil sich der japanische Automarkt in den vergangenen Jahren mehr denn je zu einem Dieselmarkt entwickelt hat. "Früher hatten wir höchstens bei ML oder G-Klasse ein paar Dieselmotoren", sagt Toshio Suda, Präsident der größten Mercedes-Händlerbetriebe in Tokio, "mittlerweile liegt unser Dieselanteil bei rund 30 Prozent." Ins gleiche Horn stößt Mazda. Gerade der Mittelklasse-SUV CX-5 ist als Dieselversion im Heimatland erfolgreich. Ab dem kommenden Jahr bietet der dynamischste aller japanischen Autohersteller mit dem Skyactiv X erstmals eine Kombination aus Diesel und Benziner an, der von einem 24-Volt-Bordnetz unterstützt wird und so im Realverbrauch bis zu 20 Prozent weniger verbrauchen soll.


Unverändert und trotz der entsprechenden Fortschritte in der Akkutechnik bleibt das Thema Wasserstoffantrieb ein größeres Thema als in Europa, Südamerika oder den USA. So zeigt unter anderen Toyota zum wiederholten Male eine Brennstoffzellenstudie. Das Konzeptfahrzeug des Toyota Fine-Comfort Ride will mit einer Umweltbilanz punkten, denn es werden weder CO2 noch andere bedenkliche Stoffe ausgestoßen. Dazu bietet der Fine-Comfort Ride eine großzügige Reichweite von bis zu 1.000 km und eine Vollbetankung mit Wasserstoff dauert lediglich drei Minuten.

(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)

Autor: Stefan Grundhoff, Tokio  Stand: 25.10.2017
Fotos: