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Knutschen in der Kugel
Bei uns ist der Subaru 360 aus den späten 50ern weitgehend unbekannt, doch in seiner Heimat Japan hat die kugelrunde Knutschkugel seit Jahrzehnten Legendenstatus. Der Marienkäfer auf Rädern motorisierte als eines der ersten Kei-Cars japanische Familien.

Knutschen in der Kugel

Subaru 360 - von dem kleinen Japaner wurden nicht einmal 400.000 Fahrzeuge gebaut (Foto: Walter Tillmann)

Bei uns ist der Subaru 360 aus den späten 50ern weitgehend unbekannt, doch in seiner Heimat Japan hat die kugelrunde Knutschkugel seit Jahrzehnten Legendenstatus. Der Marienkäfer auf Rädern motorisierte als eines der ersten Kei-Cars japanische Familien.

Ein ungewöhnlich düsterer Morgen in Monterey / Kalifornien. Die blassrote Knutschkugel mit winzigen Reifchen sorgt an der Ampel Richtung Flughafen für mächtig Aufsehen. Dort, wo neben den alltäglichen Riesen-Pick-Ups wie Ford F-150, Chevrolet Silverado oder Toyota Tundra sonst meist nur Luxuskarossen aus der nahegelegenen Nobelenklave Pebble Beach blubbern, wirkt dieses Mikromobil wie aus einer weit entfernten Galaxie. Dabei ist es einer der wenigen Subaru 360, der es in den vergangenen Jahrzehnten irgendwann von der japanischen Insel nach Kalifornien geschafft hat. Im Gegensatz zu einem Marienkäfer dürfte er nicht geflogen sein - auch wenn er so aussieht.

Kleiner Zweizylinder

Was bei uns der VW Käfer, den Franzosen ihr Citroen 2CV oder den Italienern ihr Fiat 500 ist den Japanern ihr Subaru 360. Der knapp drei Meter lange und nur 1,30 Meter schmale Viersitzer war in Japan das Mittel zur preisgünstigen Mobilisierung der Familien. Gebaut von 1958 bis 1970 initiierte er den Trend zu den kleinen Kei-Cars, die steuerlich begünstigt noch heute die Innenstädte von Tokio, Osaka oder Yokohama dominieren. Liegt die Hubraumgrenze heute bei 660 Kubikzentimetern, so war das Limit bis 1975 bei überschaubaren 360 Kubik. Optisch erinnert der Winzling an einen Marienkäfer auf vier kleinen Rädern. In Japan und den USA heißt er "Ladybug" und ist eine kleine, knuddelige Legende, die mit kaum mehr als 392.000 verkauften Fahrzeugen (Subaru 360 sowie 450) zwar nicht auf gigantische Stückzahlen wie ein VW Käfer, ein Golf oder ein Toyota Corolla zurückblicken kann, aber die automobile Massenmobilisierung in Japan von Rad und Motorrad hin zum Auto auf den Weg brachte. Der Subaru 360 war ein Micro-Car der ersten Generation und traf in seinem Heimatland auf Konkurrenten wie den Daihatsu Fellow, den Mitsubishi 360 oder den ebenfalls knuffigen Suzuki Fronte. Allen gemein: viel Platz auf wenig Raum und das für kleines Geld.


Thront vorne auf der rundlichen Haube nur das Banner von Fuji Heavy Industries, so steht zumindest auf dem Lüftungsgitter am Heck "Subaru 360". Hinter Gitter und Motorklappe schnattert und rattert ein Zweizylinder-Zweitakter auf einem Motorrad mit 360 Kubikzentimetern und einer überschaubaren Leistung von 12 kW / 16 PS, der gemäß der seinerzeit geltenden japanischen Norm gerade nicht einmal vier Liter Normalkraftstoff verbrauchen sollte. In der Realität war es leicht das doppelte. Das reichte, um den nicht einmal 400 Kilogramm schweren Japaner bis zu 90 km/h schnell werden zu lassen. Ungewöhnlich in den späten 50er Jahren: das Kei-Car verfügte vorne wie hinten über eine Einzelradaufhängung sowie je nach Variante über eine manuelle Drei- oder Viergang-Handschaltung. So schafften es einige Marienkäfer sogar in den Motorsport.

Wenige Modelle für das Ausland

Erstmals enthüllt wurde der Viersitzer im März 1958 als eines der ersten Kei-Cars für Großserienfertigung in Tokio. Die so genannten Kei-Cars genossen damals wie heute entsprechende Privilegien in Sachen KFZ-Steuer und Nachweis eines Parkplatzes. Das wichtigste war jedoch der günstige Preis. Denn erstmals war es japanischen Familien möglich, statt eines Zweirades ein Fahrzeug anzuschaffen, mit dem die Familie trocken und vergleichsweise sicher transportiert werden konnte. Die beiden Türen waren für das leichtere Ein- oder Aussteigen hinten angeschlagen und in den ersten Jahren mussten die Modelle mit einer Minimalausstattung auskommen, die unter anderem nur einen Scheibenwischer auf der rechten Fahrerseite umfasste. Erst im Laufe der Jahre gab es für die Luxusmodelle einen zweiten Scheibenwischer sowie zwei Außenspiegel und weitere Komfortausstattungen.

Subaru 360 - eine echte Knutschkugel (Foto: Walter Tillmann)
Der spartanische Innenraum des Subaru 360 (Foto: Walter Tillmann)
Subaru 360 - winzige Reifchen (Foto: Walter Tillmann)
(Foto: Walter Tillmann)
(Foto: Walter Tillmann)
(Foto: Walter Tillmann)

Der Subaru 360 blieb kein Einzeldarsteller. So folgte auf den viersitzigen Marienkäfer eine fünfsitzige Limousine mit breiter Rückbank, ein unrealisierte Roadsterstudie, ein Cabriolet mit Hardtop und Verdeck, die Kombiversion "Custom", sowie Nutzfahrzeugvarianten mit offener und geschlossener Ladefläche. Einige 360er drehten in den 1960er Jahren sogar laut schnatternd ihre wilden Runden auf japanischen Rennstrecken. Zum Ende seiner Produktionszeit schaffte es der Subaru 360 dann tatsächlich noch über den Pazifik in die USA (als Linkslenker) und nach Australien. 1968 stand er zu Preisen von unter 1.500 Dollar in einigen Schauräumen von amerikanischen Händlern - zumeist in der Exportversion Subaru Maia 450 mit dem EK-51-Triebwerk mit 423 ccm und 23 PS. Nur eine Handvoll Modelle wurden sogar nach Australien verschifft. Kurz vor dem Produktionsende 1970 legte Subaru Young-S (mit Rallyestreifen und Drehzahlmesser) und Young-SS-Modelle (mit Doppelvergaser) auf, mit kräftigeren 18 kW / 25 PS- bzw. 26 kW / 36 PS-Motoren. Bis heute markiert der Subaru 360 (K 111) einen so wichtigen Beitrag zur Industriekultur Japans, dass die Japan Society of Mechanical Engineers (JSME) den Winzling als "industrielles Kulturerbe 2016" mit der laufenden Nummer 78 der wertvollsten Produkte auszeichnete.

Autor: Stefan Grundhoff  Stand: 15.09.2017
Fotos: Walter Tillmann  

(Foto: Walter Tillmann)
(Foto: Walter Tillmann)
(Foto: Walter Tillmann)
(Foto: Walter Tillmann)
(Foto: Walter Tillmann)
(Foto: Walter Tillmann)